Am Ende ist es ein brennender Koran, der Schweden den ersehnten Nato-Beitritt vorerst verwehrt. Die geschmacklose Tat eines Rechtsradikalen in Stockholm und die Bündnisfrage muss man, vorsichtig formuliert, nicht miteinander verknüpfen. Aber dass der türkische Präsident, an dessen Zustimmung Schwedens Gesuch hängt, die Provokation für sich nutzt, kann niemanden wundern.
Die Geschichte hat zwei Komponenten: Zum einen sucht Recep Tayyip Erdogan seit Monaten schon nach Gründen, um Schwedens Nato-Beitritt auszubremsen und sich so politische Zugeständnisse zu erpressen – etwa mit Blick auf die Auslieferung kurdischer Aktivisten. Zum anderen naht in der Türkei die Wahl, was die üblichen Reflexe aktiviert. Erdogan begründet seinen Machtanspruch, wie alle Despoten, mit einer Bedrohung von außen. Mit der Story vom Islam-hassenden Westen und Recep, dem Retter des Glaubens, lässt sich einfach zu gut auf Stimmenfang gehen.
Sein Spielchen mit Schwedens Sicherheitsbedürfnis ist so kalkuliert wie unverschämt, zumal Ankara wegen Waffendeals mit Moskau und Dauer-Provokationen gegen Athen selbst kein Nato-Musterschüler ist. Stockholm muss nun abwarten bis nach der Türkei-Wahl. Entweder ist Erdogan dann wieder ansprechbar oder nicht mehr im Amt. Letzteres wäre nicht nur für die Schweden eine Erleichterung.
Marcus.Maeckler@ovb.net