München/Berlin – Hubert Aiwanger hat – wie so oft – eine kantige Meinung dazu. Die Gegner der Sportschützen sollten „die Klappe halten“, verlangte der Freie-Wähler-Chef vor einigen Monaten. Sein Wunsch wurde – wie so oft – nicht erhört. Im Gegenteil: Der Druck auf Sportschützen und Jäger wächst. Die Bundesregierung arbeitet an einer weiteren Verschärfung des Waffenrechts.
Die Details sind in Berlin hoch umstritten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat, unterstützt von den Grünen, ihre Eckpunkte schon vorgelegt. Als eine Lehre aus den Reichsbürger-Verschwörungen sowie den Silvester-Krawallen will sie den Zugang zu Waffen erschweren und die Prüfungen ausweiten. Es brauche „maximalen Druck aller Behörden“.
Wer in Deutschland genehmigungspflichtige Waffen besitzen will, muss heute schon nachweisen, dass er sachkundig und zuverlässig ist. Außerdem muss er glaubwürdig darlegen, weshalb die Waffe angeschafft werden soll, also zum Beispiel für die Jagd oder als aktiver Schütze in einem Verein. Mit dieser „Bedürfnisprüfung“ unterscheidet sich Deutschland von den USA.
Ist der Antragsteller noch keine 25 Jahre alt oder gibt es Zweifel an seiner Eignung, muss zudem ein ärztliches Attest oder ein psychologisches Zeugnis vorgelegt werden. Diese Vorschrift soll künftig auf alle, die erstmalig eine Erlaubnis beantragen, ausgeweitet werden. Und auf alle Besitzer, bei denen Zweifel an der Eignung aufkommen. Hinter dieser Überlegung steckt auch der Fall des Attentäters, der im Februar 2020 in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordete. Der Mann hatte mehrfach Behörden kontaktiert und wirre Theorien vorgetragen, seine Waffenerlaubnis verlor er dennoch nicht.
Faeser will auch die Zahl der Behörden, bei denen die Waffenbehörde Erkundigungen über einen Antragsteller einholt, erweitern. Zusätzlich zur örtlichen Polizeidienststelle und dem Verfassungsschutz soll auch beim Gesundheitsamt, bei der Bundespolizei und beim Zollkriminalamt nachgefragt werden, ob etwas gegen den Waffenbesitz spricht. Zudem soll das Schießen für Menschen ohne waffenrechtliche Erlaubnis auf Schießständen nur noch mit bestimmten Waffen gestattet sein. Halbautomatische Sportwaffen sollen eingeschränkt werden.
Ein großer Bürokratie-Aufwand, das räumt selbst Faesers Haus ein. Der Koalitionspartner FDP stellt sich deshalb gegen die Pläne. Fraktionsvize Konstantin Kuhle sagt, die Gefahr gehe von illegalen Schusswaffen aus, da helfe das Waffenrecht kaum. Faesers Plan zeuge „von einem generellen Misstrauen gegenüber Jägern und Sportschützen“, das werde mit der FDP nicht zu machen sein. Auch ein Gespräch von FDP-Chef Christian Lindner mit Faeser vor einigen Tagen brachte, so heißt es in Berlin, keine Annäherung.
In Bayern dürfte das Waffen-Thema zudem Wucht im Wahlkampf entfalten. Neben Aiwanger steigt die CSU in die Debatte ein. Ministerpräsident Markus Söder persönlich eilte am Mittwoch zum Neujahrsempfang des Sportschützenbunds in ein Münchner Wirtshaus. Dort, unter der großen goldblauen Fahne der Schützen, lobte er sie als „Teil unserer kulturellen DNA“. Deutschland habe bereits ein strenges Waffenrecht, sagt Söder. „Deshalb muss jede Verschärfung genau geprüft werden. Einige Vorschläge aus Berlin gehen weit über jedes vernünftige Maß hinaus und sind erkennbar ideologisch motiviert.“ Er lasse nicht zu, dass die Sportschützen „aus politischen Gründen diskreditiert werden“; sie gingen mit ihrer Verantwortung vertrauensvoll um. Nötig sei eine konsequente Anwendung des geltenden Rechts. (mit dpa)
CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER