Das letzte Treffen mit Benedikt XVI.

von Redaktion

Manfred Lütz und Markus Lanz verarbeiten Erinnerungen an ein Gespräch im Jahr 2018 in einem Buch

München – Bücher über den bayerischen Papst haben Konjunktur: Seit dem Tod von Benedikt XVI. am Silvestermorgen 2022 versuchen diverse Autoren die Schlagzeilen-Welle zu nutzen, um ihre Erinnerungen an und mit Joseph Ratzinger zwischen zwei Buchdeckel zu packen.

Für Wirbel sorgte gleich das Buch „Nichts als die Wahrheit“ von Benedikts langjährigem Privatsekretär Georg Gänswein, das auf Italienisch nur wenige Tage nach der Beisetzung des emeritierten Papstes erschien. Allein die Terminwahl wurde von einigen Kardinälen als geschmacklos befunden. Auf Deutsch soll es übrigens am 8. März im Verlag Herder erscheinen. Wobei die spektakulärsten Passagen bereits in der Öffentlichkeit sind durch die italienische Fassung.

Mit dem etwas melodramatischen Titel „Benedikt XVI. – Unser letztes Gespräch“ kommen am 31. Januar auch Manfred Lütz und Markus Lanz mit einem Buch im Verlag Kösel (München) auf den Buchmarkt. Der Kölner Psychiater und Theologe Lütz hatte seine Kontakte als Vatikan-Berater genutzt und dem ZDF-Moderator Markus Lanz einen persönlichen Termin beim emeritierten Papst besorgt. Wer jetzt denkt, das Gespräch sei kurz vor dem Tod Benedikts geführt worden, wird enttäuscht: Das dreiviertelstündige Treffen hat bereits am 30. April 2018 stattgefunden. Zu einer Zeit also, als der Emeritus gerade 91 Jahre alt geworden und aufgrund seiner Altersbeschwerden gezeichnet war. Seine Stimme war nur ein leises Wispern, seine Augen fielen ihm zunächst zu – bis das Treffen dann doch munterer wurde.

Lütz und Lanz geben das Gespräch in einer Art Gedächtnisprotokoll wieder. Aber bevor der Leser bis dahin vordringt, muss er sich erst durch 80 Seiten Prolog durchkämpfen. Vatikanberater und Ratzinger-Verehrer Lütz und Benedikt-Fan Lanz schildern jeweils detailliert ihre Bewunderung für den brillanten Theologen, loben seinen Verstand, seine Bescheidenheit und seine feine Ironie. Nachdem geklärt ist, dass Lanz auch ohne Krawatte und mit offenem Hemd in das Kloster in den Vatikanischen Gärten gehen kann, beginnt das „existenzielle Gespräch“ schließlich auf Seite 81 (von 96). Sie plaudern über Lanz’ Heimat Südtirol, bevor Lütz den emeritierten Papst fragt, ob der in Deutschland für ihn oft verwendete Begriff „Panzerkardinal“ ihn verletzt habe. „Damit habe er nie etwas anfangen können, dieses Bild vom Panzerkardinal sei ja etwas absurd. Es ist aber zu spüren, dass es ihn dennoch getroffen hat“, schreiben sie. Die drei Herren sprechen dann über Sexualmoral – habe ihn nie besonders interessiert, erwidert Benedikt. Was das Wichtigste in seinem Pontifikat sei? Das weiß der 91-Jährige nicht so genau – sein Buch über Jesus sei so etwas wie sein Vermächtnis.

Befragt nach seinen Gefühlen nach der Papstwahl, macht Benedikt eine lange Pause. Ihn habe vor allem beschäftigt, was er sagen würde, wenn er auf den Balkon hinaustritt. Zeit zu reflektieren habe es kaum gegeben. Es sei im Grund auch völlig absurd für einen Mann mit 78 Jahren, noch einmal etwas ganz Neues von dieser Dimension zu beginnen. Aber er habe die Aufgabe auch gerne angenommen „und das getan, was getan werden musste“.

Neues erfährt der Leser eigentlich nicht. Eher darüber, wie sehr der emeritierte Papst seine beiden Gesprächspartner über Jahre hinweg beeindruckt hat und wie falsch er ihrer Meinung nach von vielen seiner Kritiker beurteilt wurde. Interessant ist, dass Lanz Fotos machen durfte von Benedikt – wer die rigiden Regeln im Vatikan kennt, weiß, dass das eine echte Ausnahme ist. Ebenso wie das offene Hemd des Fernseh-Moderators. CLAUDIA MÖLLERS

Benedikt XVI. – Unser letztes Gespräch

von Markus Lanz und Manfred Lütz, 96 S., Verlag Kösel, 18 Euro

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