Beamtenbund droht mit „Lockdown“

von Redaktion

Eskalation im Tarifstreit angekündigt – Forderung nach 10,5 Prozent Erhöhung gestellt

Berlin – Man kann den Eindruck gewinnen, dass sich Ulrich Silberbach in den letzten Tagen systematisch in Rage geredet hat. Mitte Januar erzählte er noch, es werde „Begleitmusik“ zu den Tarifverhandlungen geben. Vor einer Woche klagte der Beamtenbund-Chef über „Rituale der Respektlosigkeit“ in den Gesprächen. Jetzt eskaliert er – und droht der Republik einen „Lockdown“ durch flächendeckende Streiks an.

„Die Arbeitgeber sollen wissen: Das ist kein Spaß, eben nicht das übliche Ritual“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“. Er rechne in den kommenden Wochen mit einer besonders harten Auseinandersetzung bis hin zu Flächen-Streiks, sagte der Chef des Deutschen Beamtenbunds (DBB). „Dann bleiben Straßenbahnen stehen, Kitas zu und der Müll bleibt liegen. Dann wird es ungemütlich in diesem Land.“

Hintergrund ist die zäh anlaufende Tarifverhandlung für den öffentlichen Dienst. Es geht um rund 2,4 Millionen Angestellte von Bund und Kommunen. Die ersten Gespräche waren am Dienstag in Potsdam ergebnislos vertagt worden, nachdem die Arbeitgeberseite kein eigenes Angebot vorgelegt hatte. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und der Beamtenbund fordern wegen der hohen Inflation 10,5 Prozent, mindestens jedoch monatlich 500 Euro mehr Gehalt für eine Laufzeit von zwölf Monaten. Die zweite Tarifrunde läuft am 22. und 23. Februar.

Dass von den Arbeitgebern noch keine Zahl auf dem Tisch liegt, erzürnt die Gewerkschafter. So sehr, dass der Beamtenbund-Chef gleich ein Machtwort des Kanzlers fordert; was in Tarifverhandlungen ein eher ungewöhnlicher Schritt wäre. Die Mittel für Silberbach sind jenseits schriller Rhetorik gar nicht so begrenzt. Beamte dürfen zwar nicht streiken. Über den öffentlichen Dienst und die Kommunen hat er aber durchaus Potenzial, den Alltag der normalen Menschen noch schwerer zu machen. Die Verhandlungen betreffen unter anderem Erzieherinnen, Krankenschwestern, Busfahrer, Altenpflegerinnen, Feuerwehrleute und Müllwerker. Bei der bisher letzten Tarifrunde für Bund und Kommunen waren 2020 unter anderem Kliniken, Kitas, Nahverkehr oder Sparkassen von Ausständen und Protestaktionen betroffen; rückblickend aber wohl eher moderat.

Die Gewerkschaftsseite errechnet, dass die Preise seit dem Abschluss 2020 um elf Prozent gestiegen seien. Die Gegenseite kontert, dass es über zehn Jahre klare Reallohngewinne gegeben habe und viele Kommunen an der Belastungsgrenze seien.

In der Tat ist Glück für die Bundes- und Kommunalbeamten, dass ihre Verhandlungen in die aktuell sehr hohe Inflationsphase fallen. Die Landesbeamten in Bayern – darunter die meisten Polizisten sowie Lehrer – haben erst nächstes Jahr wieder eine Besoldungsrunde, sie erhielten im Dezember 2,8 Prozent, Laufzeit 24 Monate. Zudem gab es eine Corona-Sonderzahlung von 1300 Euro.

In der Wirtschaft gab es zuletzt höhere Abschlüsse. Die Metall- und Elektrobranche hatte vor einigen Wochen für die 3,9 Millionen Beschäftigten Lohnsteigerungen von 5,2 Prozent zum Juni 2023 und noch mal 3,3 Prozent ab Mai 2024 vereinbart.  cd/afp

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