München – Die Diagnose von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) klingt alarmierend: 53 der 400 bayerischen Krankenhäuser würden durch die Reformpläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) so herabgestuft, dass sie keine Notfallversorgung und reguläre stationäre Versorgung mehr anbieten könnten. „Sie könnten künftig nur noch eine ambulant-stationäre Basisversorgung anbieten, zum Beispiel bei Diabetes- oder Kreislaufproblemen“, warnte der CSU-Minister gestern, als er das von ihm in Auftrag gegeben Gutachten der Firma BinDoc zur Krankenhausreform vorstellte.
„Mehr als 50 Krankenhäuser in Bayern wären also keine vollwertigen Krankenhäuser mehr, wenn der Bund die bislang bekannten Pläne umsetzen würde“, sagte Holetschek. Knapp 100 Krankenhäuser würden künftig nur noch eine stationäre Basisversorgung anbieten, bei „zahlreichen anderen“ Krankenhäusern in der Fläche könnte die Geburtshilfe wegfallen. Ebenso sei die Versorgung bei einem Schlaganfall gefährdet. Welche Regionen oder Häuser betroffen wären, teilte das Ministerium nicht mit.
Holetschek sieht durch das Gutachten seine Sorge vor drastischen Einschnitten in der Krankenhauslandschaft bestätigt und forderte massive Korrekturen. Durch Lauterbachs Pläne würden „bewährte Strukturen zerstört, die wir weiterhin dringend benötigen“. Bedroht sei auch die Kinderheilkunde in Fachkliniken, die sich Bayern derzeit leiste. „Wir müssen diese unverzichtbaren Angebote weiter aufrechterhalten, alles andere wäre unverantwortlich. Eine gute Krankenhausversorgung darf nicht ein Privileg der Ballungsräume werden“, betonte Holetschek.
Er bekommt auch Rückendeckung von den Landräten. Krankenhäuser seien wegen Unterfinanzierung durch den Bund die Sorgenkinder vieler Kommunen, beklagte Landkreistags-Präsident Thomas Karmasin (Fürstenfeldbruck). Die Kliniken seien auch unverzichtbar für die ausreichende Notarztversorgung und die Pflegeausbildung.
Bayern stemmt sich laut Holetschek nicht gegen eine Reform. Die müsse sein – aber nicht so. Lauterbach müsse einen Gipfel mit den Ländern, Bundesfinanzminister Lindner und Klinikvertretern einberufen. Wobei Lindner nach bayerischen Vorstellung tief in die Tasche greifen sollte: Ein Strukturfonds mit 100 Milliarden Euro müsse geprüft werden. So viel, wie der Bund für die Bundeswehr bereitgestellt hatte.
Bayerns Gesundheitsminister fordert eine Öffnungsklausel für die Länder. „Ich werde es nicht hinnehmen, wenn die Planungshoheit der Länder durch die Reform ausgehebelt wird“, warnte Holetschek – und drohte mit einer Verfassungsklage. Zudem hielt er es auf Nachfrage für „grob fahrlässig“, dass die Regierungskommission keine Einschätzung zu den konkreten praktischen Auswirkungen unterbreitet habe. Lauterbach wirft den Kritikern „Panikmache“ vor. Die Planungshoheit liege eindeutig bei den Ländern. Wenn Bayern die Sorge habe, dass viele Krankenhäuser verschwinden, bedeute das nur, dass Bayern plane, so viele verschwinden zu lassen. Holetscheks Kritik kommentierte er so: „Bayern ist im Wahlkampf.“ Bayerns SPD nennt es „völlig unverantwortlich“ von Holetschek, „jetzt überall zu zündeln und den Menschen Angst zu machen“. Es brauche ein konstruktives Zusammenspiel von Bund und Ländern, um eine gute Reform auszuarbeiten, so die gesundheitspolitische Sprecherin Ruth Waldmann. cm