Selenskyj in Brüssel

Jubel übertüncht die Streitereien

von Redaktion

VON KLAUS RIMPEL

In seiner Regierungserklärung hat Olaf Scholz gemahnt, dass „Dissonanzen“ um Waffenlieferungen für die Ukraine vor allem Putin nützen würden. Da hat der Kanzler einerseits Recht. Doch andererseits gehört es nun mal zum Kern von Demokratien, dass über derart entscheidende Fragen öffentlich diskutiert wird.

Die Debatten, ob Kampfflugzeuge oder Panzer geliefert werden sollen, sind ja nur das Vorspiel für noch schwierigere Frage, die irgendwann am Ende dieses Krieges stehen werden: Zu welchen Zugeständnissen gegenüber dem russischen Aggressor werden die USA und die EU die Ukraine drängen? Und wie geht Europa mit Moskau um, nachdem es einen wie auch immer gearteten Frieden oder Waffenstillstand mit Kiew geschlossen hat?

Noch sind diese Fragen – leider – Zukunftsmusik. Doch die offensichtlichen Risse in der EU bei der militärischen Unterstützung der Ukraine lassen ahnen, dass der Umgang mit Kiew und Moskau eine dauerhafte Belastung für Europa bleiben wird – egal wie euphorisch der Applaus für Wolodymyr Selenskyj in Brüssel gestern ausgefallen ist. Das zeigt sich auch darin, dass sich schon an der bloßen Symbolik Streit entzündet: Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni ist sauer, dass sich Scholz und Macron mit Selenskyj getroffen haben. Das ist die Art von „Dissonanz“, die wirklich überflüssig ist wie ein Kropf. Putin wird sich jedenfalls freuen über solch einen Balztanz um nationale Eitelkeiten.

Klaus.Rimpel@ovb.net

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