München – Der Münchner Flughafen ist – so lautet der alte Scherz – eigentlich nur aus der Luft gut zu erreichen. Wer mit der Bahn kommt, muss den Umweg über die Münchner Innenstadt in Kauf nehmen und dann in der S-Bahn viel Geduld aufbringen. Seit Langem überlegt man deshalb, wie man doch noch den beim Flughafenbau versäumten ICE-Bahnhof am Airport installieren könnte. Doch ausgerechnet im Bundesverkehrsministerium hat man daran offenbar überhaupt kein Interesse.
Im vergangenen Mai hatte der Freistaat eine Machbarkeitsstudie für den vierstufigen Ausbau der Schienenanbindung vorgestellt. In Stufe eins beispielsweise würde der überregionale Flughafen-Express, der heute in Regensburg endet, bis Nürnberg verlängert. In der Endvariante soll der Bau eines Fernverkehrsbahnhofs stehen. Die ICE-Strecke München–Ingolstadt könnte dann über den Flughafen führen.
So weit die Ideen, an die nur Optimisten glauben. Einen Zeitplan gibt es nämlich nicht. Die Skeptiker hingegen bekommen nun neue Nahrung: Das Bundesverkehrsministerium erteilt dem gemeinsamen Vorstoß von Flughafen, Bahn und Lufthansa eine Absage, die Trasse in den aktuellen Bundesverkehrswege- und Mobilitätsplan („Deutschlandtakt“) aufzunehmen. Im besten Behördendeutsch erklärt Staatssekretär Michael Theurer (FDP) in seinem Schreiben an Flughafen-Chef Jost Lammers, „eine nachweisbare, deutlich und dauerhaft abweichende Änderung der Verkehrsstruktur gegenüber der aktuellen Verkehrsprognose“ sei nicht nachzuweisen. Mit anderen Worten: Die Bayern sollen weiter mit der S-Bahn fahren. Diese könnten künftig den Airport womöglich in 29 statt 40 Minuten von der Münchner Innenstadt aus erreichen.
„Verwunderlich“ findet Bayerns Finanzminister Albert Füracker diese Haltung – schließlich gehöre die Deutsche Bahn vollständig dem Bund und der Flughafen München immerhin zu 26 Prozent. Der Bund lehnt also quasi den eigenen Antrag ab. „Ich frage mich, ob das auch so entschieden worden wäre, wenn es um andere Bundesländer und nicht Bayern ginge“, sagt Füracker, der Aufsichtsratschef des Flughafens ist. „Wir werden weiter mit aller Kraft für einen möglichst baldigen ICE-Anschluss kämpfen“, so Füracker, der süffisant anmerkt, dass sich hier „zur Abwechslung auch mal“ die Bayern-FDP verdient machen könne.
Über den Bedarf eines Ausbaus gab es bislang eigentlich Einigkeit: Münchens Lufthansa-Chef Stefan Kreuzpaintner warnte im November mit Blick auf Frankfurt: „Wenn wir beim ICE- beziehungsweise Fernbahnanschluss nicht weiterkommen, geraten wir ins Hintertreffen.“ Im Herbst 2021 hatten Kreuzpaintner und Lammers eine Task-Force gegründet, um beim Fernbahnanschluss schneller voranzukommen. Staatssekretär Theurer bedankt sich bei Lammers, der die Spitze des Bundesministeriums zur Mitarbeit in dieser Task-Force eingeladen hatte. Die „Fachebene“ reiche aber aus.
Derzeit läuft allein der Ausbau des S-Bahn-Ringschlusses als weitere Verbindung über Erding nach München – allerdings ein rein regionales Projekt. MIKE SCHIER/HANS MORITZ