Stoltenberg kündigt Rückzug an

von Redaktion

Nato muss für den Herbst einen neuen Generalsekretär suchen

Brüssel – Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg will seinen Posten im Herbst dieses Jahres wie geplant abgeben und setzt damit die Bündnisstaaten bei der Nachfolgesuche unter Druck. „Er hat keine Absicht, eine weitere Mandatsverlängerung anzustreben“, teilte seine Sprecherin Oana Lungescu überraschend deutlich mit. Das Mandat Stoltenbergs sei schon dreimal verlängert worden, und er sei bereits seit fast neun Jahren im Amt.

Zuvor war wieder einmal spekuliert worden, dass die Amtszeit des 63-Jährigen vor dem Hintergrund des anhaltenden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ein weiteres Mal verlängert werden könnte – zumindest bis zu dem 2024 in Washington geplanten Jubiläumsgipfel zum 75-jährigen Bestehen der Allianz.

Zugleich wiesen Diplomaten darauf hin, dass eine erneute Verlängerung den Anschein erwecken könnte, dass sich die Nato auf niemanden Neues einigen könne. Aus Bündniskreisen hieß es zudem, dass neben Frankreich auch Deutschland und Großbritannien einen Führungswechsel bereits im Herbst bevorzugten – trotz der ausgewiesenen Qualitäten Stoltenbergs.

Das letzte Mal war die Amtszeit von Stoltenberg im März 2022 kurz nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine um ein weiteres Jahr verlängert worden. Eigentlich hatte der frühere norwegische Regierungschef bereits im vergangenen Jahr aufhören und zurück in seine Heimat gehen wollen. Dort hätte er dann Chef der Zentralbank werden wollen.

Anerkennung hat sich Stoltenberg vor allem als geschickter Vermittler zwischen den teils sehr unterschiedlichen Interessen der mittlerweile 30 Nato-Staaten erworben. Als sein Verdienst gilt insbesondere die Moderation in dem während der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump eskalierten Streit um die Verteidigungsausgaben der europäischen Alliierten. Trump drohte zeitweise sogar mit einem Austritt der USA aus dem Bündnis. In der Geschichte des Bündnisses ist Stoltenberg mit mehr als acht Jahren bereits jetzt der am zweitlängsten amtierende Generalsekretär nach dem Niederländer Joseph Luns (1971 bis 1984).

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