„Die Lage ist ernst“

von Redaktion

In der FDP herrscht nach dem neuerlichen Debakel bei einer Landtagswahl Ratlosigkeit

München – Die Szene, die der „Spiegel“ von der – wenn man es so nennen will – „Wahlparty“ der FDP berichtet, spricht Bände. „Ich habe so einen Hals“, wird Parteivize Wolfgang Kubicki zitiert. Es hagelt Breitseiten gegen die Ampel-Kollegen, die „Zeit des Appeasements“ sei nun vorbei, schimpft Kubicki: „Ich bin immer noch fassungslos und versuche, mir das Ergebnis schönzutrinken.“

Wie erfolgreich Kubicki mit seinem Vorhaben am Sonntagabend noch war, ist nicht überliefert. Sein Parteichef Christian Lindner jedenfalls steht am Montagmorgen noch immer sehr ernüchtert in Berlin vor der Presse. Das Debakel von Berlin – 4,6 Prozent bedeuten den bitteren Gang in die außerparlamentarische Opposition – sei „eine Frage der Konstellation, nicht aber des Spitzenkandidaten“ Sebastian Czaja gewesen. Die Oppositionsrolle der Berliner FDP gegen die rot-grün-rote Regierung sei dadurch „erschwert“ worden, dass die FDP auf Bundesebene „in Regierungsverantwortung genau mit SPD und Grünen“ stehe. Die Wechselstimmung in der Hauptstadt sei deshalb an den Liberalen vorbeigegangen. Im Gegenteil: Die Liberalen verloren 29 000 Wähler an die Union, 25 000 zogen es vor, lieber gar nicht zur Urne zu gehen,

Ein wenig ratlos wirken die Liberalen derzeit. Was sie auch machen – nichts ändert den Negativlauf: Schon im Saarland und in Niedersachsen flog man aus dem Landtag, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen aus der Regierung. Im Herbst droht in Bayern und Hessen Schlimmes.

„Die Lage ist ernst“, sagt der bayerische FDP-Spitzenkandidat Martin Hagen unserer Zeitung. Die Bayernwahl müsse für die FDP die Trendwende bringen. „Wir müssen deutlicher vermitteln: Eine Stimme für die FDP stärkt Marktwirtschaft und Eigenverantwortung. Wir sind in der Ampel das bürgerliche Korrektiv gegen linke Politik.“ Und Hagen schiebt noch nach: „Das gilt auch für die Migrationspolitik, wo wir klarere Kante zeigen müssen.“

Lindner jedenfalls klingt ganz anders als Kubicki. Defensiver. Es habe bereits eine Neuorientierung stattgefunden, die müsse aber noch Wirkung entfalten. Kein Kurswechsel also. Stattdessen müsse die FDP „Garant für eine Politik der Mitte” sein. Eine kleine Breitseite gegen die Grünen gibt es dann doch: „Eine Politik gegen das Auto ist ganz offensichtlich nicht im Interesse der Menschen.“

Bemerkenswert übrigens: Trotz all der Ergebnisse gibt es an Lindner selbst weiter keine Kritik. MIKE SCHIER

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