Berlin – Es sah schon so gut aus. Lobende Worte von den Wahlbeobachtern, keine hämischen Kommentare in der Presse. Jetzt aber hat Berlin doch noch seine Wahlpanne. Im Bezirk Lichtenberg sind zwei Tage nach der Wiederholungswahl am Dienstag die Stimmen aus 466 liegen gebliebenen Wahlbriefen aufgetaucht. Sie sollen nun berücksichtigt, das Ergebnis entsprechend aktualisiert werden, wie Landeswahlleiter Stephan Bröchler sagte. Die Briefe werden heute ab 9.30 Uhr öffentlich ausgezählt.
„Wie es dazu gekommen ist, ist noch in der Prüfung. Es hat offensichtlich Kommunikationsprobleme gegeben in diesem Bezirkswahlamt“, räumte Bröchler ein. Die Briefe seien recht spät im Bezirk Lichtenberg angekommen und bei der Auszählung am Sonntag liegen geblieben.
Welche Folgen es hat, wenn die Stimmen ausgezählt sind, lässt sich noch nicht absehen. Nach dem bisherigen vorläufigen Ergebnis der Berliner Wahl liegt die SPD auf dem zweiten Platz nur hauchdünn mit 105 Stimmen vor den Grünen auf Platz drei. Könnte sich das nachträglich nun noch ändern? „Auch dazu kann ich noch nichts sagen“, beteuerte Bröchler. Am Montag soll das Gesamtergebnis für den Bezirk Lichtenberg bekannt gegeben werden.
Die Zeit drängt, auch aus organisatorischen Gründen: Die Bezirkswahlausschüsse tagen Bröchler zufolge vom kommenden Montag bis Mittwoch. „Da gibt es Druck von allen Seiten. Und das ist auch gut so.“ Am 27. Februar kommt dann der Landeswahlausschuss zusammen und stellt wenige Tage später das amtliche Endergebnis fest.
Wobei zur Wahrheit auch gehört: Selbst wenn es rein rechnerisch möglich wäre, dass die Grünen aufgrund der noch zu zählenden Briefwahlstimmen an der SPD vorbeiziehen, ist die Wahrscheinlichkeit nicht besonders hoch. Der Bezirk Lichtenberg ist keine Grünen-Hochburg. Die Partei kam dort am Sonntag auf 11,7 Prozent der Stimmen, die SPD auf 16,2 Prozent. In der Wählergunst ganz vorn lag die CDU mit 25,4 Prozent.
Für den hypothetischen Fall, dass die Grünen doch noch zweitstärkste Kraft werden, dürfte sich dies entscheidend auf die mögliche Neuauflage des Regierungsbündnisses aus SPD, Grünen und Linken auswirken, in dem die SPD als stärkste Kraft die Bürgermeisterin stellt.
Die SPD und die Grünen hatten angekündigt, mit ihren jetzigen Koalitionspartnern Sondierungsgespräche führen zu wollen. Termine dafür wurden noch nicht genannt. Die CDU will sich am Freitag mit den Grünen und der SPD zu ersten Sondierungsgesprächen treffen. SPD-Chefin Saskia Esken schickte am Dienstagabend schon mal einen Gruß und stellte die Koalitionsfähigkeit der CDU infrage. Die Partei sei ideen- und konzeptlos.
Laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage für RTL und ntv sagen 65 Prozent der Wahlberechtigten in Berlin, dass die CDU aufgrund des Wahlergebnisses den Auftrag zur Regierungsbildung habe. Bei den bevorzugten Koalitionen nannten 45 Prozent ein Bündnis von CDU und SPD, 33 Prozent befürworten eine Fortsetzung der bisherigen rot-grün-roten Koalition. Nur 15 Prozent sind für ein Bündnis aus CDU und Grünen.