MARCUS MÄCKLER
Erstaunlich, dass sich einige auch ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine stur der Realität verweigern. Dazu zählt neben der AfD jene Gruppe um Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer, die dieser Tage in einem alarmistischen Text einen Waffen-Stopp und sofortige Verhandlungen fordert und dabei so klingt, als sei es der kriegsgeile Westen, der endlich Putins ausgestreckte Friedens-Hand ergreifen müsse. Natürlich ist es legitim, daran zu erinnern, dass Waffen auf Dauer nicht Diplomatie ersetzen können. Aber bitte nicht so manipulativ, unanständig und strategisch blind wie in diesem Pamphlet.
Dass es den Verfasserinnen (und den Unterzeichnern von Gauweiler bis Verheugen) nicht, wie sie behaupten, um Solidarität mit der Ukraine geht, beweist der übrige Text: Wie selbstverständlich lässt er den Aggressor Putin als bedrängtes Opfer dastehen und macht den Ukrainer Selenskyj zum russophoben Waffennarren. Er fordert Kompromisse von beiden Seiten, so als seien die Ukrainer auch irgendwie ein bisschen schuld. Und er malt in bester Kreml-PR-Manier die Dystopie vom Welt-/Atomkrieg an die Wand. Einer Atommacht, soll das heißen, stellt man sich nicht entgegen. Zu Ende gedacht ist das ein Freibrief für Putin, sich nach der Ukraine noch ein paar andere Staaten unter den Nagel zu reißen. Bemerkenswert, wie in diesem sogenannten Friedens-Manifest feuchteste Kreml-Träume wahr werden.
Ja, es braucht Frieden, aber nicht zu Putins (Maximal-)Bedingungen. Sinnvolle Verhandlungen kann es erst geben, wenn die Ukraine stark genug ist, ihre Interessen zu vertreten – und Putin einsieht, dass er nicht gewinnen kann.
Marcus.Maeckler@ovb.net