München – Die Münchner Sicherheitskonferenz hat inzwischen ihren festen Platz im außenpolitischen Kalender. Manchmal wird auf offener Bühne Weltpolitik gemacht, meist aber geschehen die wichtigsten Dinge in einem der vielen Hinterzimmer, die der „Bayerische Hof“ zu bieten hat. Nun verdichten sich die Zeichen, dass diesmal ein Treffen weltweit Schlagzeilen schreiben könnte – offenbar will US-Außenminister Antony Blinken nach seiner abgesagten China-Reise auf neutralem Boden mit seinem chinesischen Gegenüber Wang Yi sprechen.
Seit über US-Gebiet mehrere unbekannte Flugobjekte abgeschossen wurden, gibt es heftige Spannungen zwischen Washington und Peking. Zumindest das erste Objekt war eindeutig ein Spionageballon chinesischer Abstammung. Was sich hinter den anderen abgeschossenen Gerätschaften verbirgt, weiß man aber noch nicht. John Kirby, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, sah sich sogar zur Klarstellung genötigt, man gehe nicht von Außerirdischen als Urheber aus.
Der Ärger mit China ist jedenfalls sehr irdischer Natur: Blinken sagte seine China-Reise Anfang Februar ab – und seitdem vergeht kein Tag ohne gegenseitige Vorwürfe. Gestern erklärte Peking, man werde seinerseits eine Reihe von US-Ballons im chinesischen Luftraum gründlich untersuchen. Washington haben mehr als zehn Ballons starten lassen, „die ununterbrochen um die Welt flogen und dabei mindestens zehn Mal unerlaubt den Luftraum Chinas und anderer Länder überflogen“, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Wang Wenbin. Washington streitet die Existenz solcher Ballons dagegen ab.
Es gäbe also einiges zu bereden bei einem Treffen in München, das weder Peking noch Washington bislang bestätigen wollen. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte unter Berufung auf US-Regierungsmitarbeiter berichtet, ein Treffen in München sei angedacht. Daniel Russel, unter Barack Obama ein Top-Diplomat in Ostasien, wurde mit den Worten zitiert, München sei „der offensichtliche Ort, für eine dringend benötigte Diskussion auf höchster Ebene“. Er habe keine Zweifel, dass hinter den Kulissen längst Planungen liefen. Aber keine von beiden Seiten sei an zu viel medialer Aufmerksamkeit im Vorfeld interessiert, weil neuerliche Ballon-Zwischenfälle die Planungen doch wieder über den Haufen werfen könnten.
Inzwischen hat die US-Marine eine rund zehn Meter hohe Antennenvorrichtung des chinesischen Überwachungsballons vom Meeresgrund geborgen. Die Bergung der anderen Ballons gestalte sich wegen des Terrains sehr schwierig. Eines der Objekte sei vor Alaska auf Meereis gekracht, ein anderes liege am Grunde eines Sees, sagte Kirby. Was sich hinter den Gerätschaften verbirgt, wisse man noch nicht. Sie wurden „aus reiner Vorsicht“ mit Raketen abgeschossen. Die Gefährte seien aufgrund ihrer Flughöhe – viel niedriger als der chinesische Ballon – eine Gefahr für den zivilen Luftverkehr gewesen. (mit dpa)