Karlsruhe – Hessen und Hamburg müssen den Einsatz einer speziellen Analyse-Software für die Ermittlungsmöglichkeiten der Polizei überarbeiten und einen neuen rechtlichen Rahmen geben. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts darf die Polizei bei der Suche nach potenziellen Straftätern zwar grundsätzlich große Datenbestände per Software analysieren – künftig aber unter strengeren Vorgaben.
Das Programm, das perspektivisch bundesweit zum Einsatz kommen könnte, durchforstet die verschiedenen Datenbanken der Polizei, um Querverbindungen zu entdecken, die den Ermittlern sonst vielleicht nie auffallen würden. Das soll der Polizei helfen, potenziellen Tätern auf die Spur zu kommen, noch bevor sie eine Straftat begehen können.
Für die Verfassungsrichter ist dies auch ein legitimer Zweck. Sie erkennen an, dass durch die neue Technik „relevante Erkenntnisse erschlossen werden können, die auf andere, grundrechtsschonendere Weise nicht gleichermaßen zu gewinnen wären“.
Die weitgehend gleichlautenden Regelungen in Hessen und Hamburg lassen der Polizei aber derzeit derart freie Hand, dass sie nicht verhältnismäßig sind. Sie erlaubten der Polizei, „mit einem Klick umfassende Profile von Personen, Gruppen und Milieus zu erstellen“. Gleichzeitig ließen sie „eine breite Einbeziehung von Daten Unbeteiligter zu, die deshalb polizeilichen Ermittlungsmaßnahmen unterzogen werden könnten“, so die Richter. Mittels Datenanalyse könnten „neue persönlichkeitsrelevante Informationen erzeugt werden, auf die ansonsten kein Zugriff bestünde“. Angesichts dieses sehr hohen „Eingriffsgewichts“ ist der Einsatz der Software bisher in viel zu vielen Fällen erlaubt.
Auch Bayern arbeitet gerade an der Einführung der Software – als Vorreiter für andere Länder und den Bund. Der Freistaat hat mit dem US-Unternehmen Palantir einen Rahmenvertrag geschlossen, damit alle Polizeien dessen Programm ohne zusätzliche Vergabeverfahren übernehmen können.
Die Staatsregierung hält an der Einführung für die bayerische Polizei fest. „Wir werden das Urteil des Bundesverfassungsgerichts genau analysieren“, kündigte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Auf Basis dessen werde eine Rechtsgrundlage im Polizeiaufgabengesetz (PAG) auf den parlamentarischen Weg gebracht. Herrmann betonte, es werde sichergestellt, dass die Software nur unter den vom Bundesverfassungsgericht formulierten Maßgaben eingesetzt werde. Außerdem sicherte er zu, die Software werde nur innerhalb des Polizeinetzes und ohne Verbindung zum Internet eingesetzt.
Die Bayerische SPD fordert unterdessen, das Projekt einzustellen. Es gehe hier um einen verfassungswidrigen Eingriff in die Grundrechte der Bürger.