Peking – China hat zu einem Waffenstillstand im Krieg gegen die Ukraine aufgerufen. In einem mit Spannung erwarteten Positionspapier, veröffentlicht am Freitag zum Jahrestag der russischen Invasion, werden baldige Verhandlungen gefordert. „Dialog und Verhandlungen sind die einzig machbare Lösung für die Ukraine-Krise.“ Die Ukraine lehnte das Papier ab. Diplomaten und Experten reagierten skeptisch und enttäuscht, da das Zwölf-Punkte-Dokument keine neue Initiative erkennen ließ. Auch wurde festgehalten, dass China nicht neutral sei. Die Bundesregierung beklagte, dass Pekings Papier „wichtige Elemente“ fehlten, etwa ein Rückzug russischer Truppen.
Der Inhalt des China-Papiers ist kurz erklärbar. Waffenstillstand: „Alle Parteien sollten Russland und die Ukraine unterstützen, in die gleiche Richtung zu arbeiten und letztendlich einen umfassenden Waffenstillstand zu erreichen“, heißt es.
Zurückhaltung: „Alle Parteien müssen rational bleiben, Zurückhaltung üben und vermeiden, die Flammen anzufachen, und verhindern, dass sich die Krise weiter verschlechtert oder sogar außer Kontrolle gerät.“ Mit dieser Argumentation wendet sich China gemeinhin immer gegen Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine.
Unantastbarkeit: Zu Beginn des Papiers fordert China, dass die Grundsätze der Vereinten Nationen streng beachtet werden müssten. „Die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität aller Länder muss wirksam aufrechterhalten werden.“ Dass sich Russland dafür zurückziehen müsste, wurde nicht thematisiert.
Sicherheit: Das Dokument bekräftigt, dass die „legitimen Sicherheitsinteressen aller Länder ernst genommen“ werden müssten. Dahinter sehen Diplomaten einen Hinweis auf Russlands Argumentation, sich gegen die USA und die Nato verteidigen zu müssen. Die Sicherheit eines Landes solle nicht auf Kosten anderer gehen. „Block-Konfrontation“ müsse vermieden werden – ein Vorwurf, den China meist gegen die USA erhebt. Ohne die Nato zu nennen, argumentiert das Papier, die Sicherheit einer Region solle nicht durch die Ausweitung militärischer Blöcke erreicht werden.
Atomgefahr: „Atomwaffen dürfen nicht eingesetzt werden, und Atomkriege dürfen nicht ausgefochten werden.“ Auch die Drohung mit dem Einsatz nuklearer Waffen sei abzulehnen – eine Formulierung, die sich indirekt gegen Moskau richten könnte.
Sanktionen: Entschieden fordert China ein Ende der Sanktionen gegen Russland, „die nur neue Probleme schaffen“. „China lehnt einseitige Sanktionen ab, die nicht vom UN-Sicherheitsrat autorisiert sind.“ In dem höchsten UN-Gremium sitzen Russland und China als Vetomächte, sie können also jede Sanktion verhindern.
Diplomaten in Peking waren vorsichtig, die Vorschläge als „neue Friedensinitiative“ oder „Friedensplan“ zu beschreiben. Seit Beginn der Invasion hat China dem russischen Präsidenten Wladimir Putin immer Rückendeckung gegeben und die USA und die Nato als eigentliche Verursacher der Krise beschrieben.
Die Ukraine lehnte das Papier ab. „Jeder ,Friedensplan‘, der nur einen ,Waffenstillstand‘ und infolge dessen eine neue Trennlinie und die Besetzung von Gebieten vorsieht, handelt nicht von Frieden“, schrieb der Berater im Präsidentenbüro, Mychajlo Podoljak. Es handele sich um ein „Einfrieren des Krieges“, um „nächste Etappen des Völkermords“. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock kritisierte. „Wer Aggressor und Opfer gleichsetzt, schafft keinen Frieden, sondern belohnt Gewalt.“
Der ukrainische Präsident Selenskyj bekräftigte am Abend sein striktes Nein zu einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin. Er stellte aber in Aussicht, sich mit dem chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping zu treffen. „Ich glaube, dass dies für unsere Länder und die globale Sicherheit von Vorteil sein wird“, sagte Selenskyj. „Dabei geht es nicht nur um Krieg.“