London – Die Rübe hat in Großbritannien gerade Konjunktur – dank Landwirtschaftsministerin Therese Coffey. Tomaten, Gurken und Salat sind derzeit kaum zu bekommen, Supermärkte rationieren manche Sorten, auch Marktführer Tesco und Discounter Aldi. Coffey aber zeigte sich demonstrativ unbesorgt. Die Briten sollten vielmehr die heimischen Spezialitäten wertschätzen, forderte die Politikerin und sagte: „Viele Leute essen derzeit Rüben.“ Nun hat sie den Salat – oder vielmehr den Spott.
In zwei bis vier Wochen werde sich die Situation entspannt haben, sagte Ministerin Coffey. Doch die Lage sei ernster, ist die Branche überzeugt. „Tomaten, Paprika und Auberginen werden erst im Mai in großen Mengen erhältlich sein, also wird es länger als ein paar Wochen dauern“, sagte Lee Stiles vom Erzeugerverband Lea Valley Growers Association der BBC.
Für die Regierung ist klar, wer Schuld hat: das ungewöhnlich kalte Wetter in den Anbaugebieten Spanien und Marokko. Das Wetter sei in der Tat ein Faktor, betonte der Lebensmittelexperte Ged Futter. Aber eben nur ein Grund von vielen. Branchenkenner werfen der britischen Regierung eine Kraut-und-Rüben-Politik vor. So habe sie die Gemüseproduzenten trotz steigender Strom- und Gaspreise von Energiesubventionen ausgeschlossen. Der Einsatz von Gewächshäusern zur Zucht etwa von Tomaten lohne sich deshalb im Winter nicht mehr. Die Folge: Großbritannien ist von Importen abhängig. Experte Futter sagt zudem, Einzelhändler würden den Herstellern viel zu wenig bezahlen. Das Modell mit Fixpreisen funktioniere nur bei niedriger Inflation. Hinzu kommt der Brexit. So fehlen britischen Produzenten die Saisonkräfte etwa aus Rumänien.
„Die Meldungen von der Insel beweisen den großen Vorteil des EU-Binnenmarktes für die sichere Versorgung mit Lebensmitteln in Deutschland“, sagte Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied der „Rheinischen Post“. Für Deutschland rechne er nicht mit einem ähnlichen Gemüsemangel.