Deutschland hat einige der klügsten Köpfe der Medizin hervorgebracht. Robert Koch zum Beispiel, dessen Name eine der traditionsreichsten Gesundheitsbehörden der Welt schmückt. Der erfolgreiche Arzneimittelforscher revolutionierte einst die Medizin. Er würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, wie die Berliner Politik heute mit seinen Erben umspringt – denn neuerdings gilt im Land der Dichter und Denker vor allem folgende Philosophie: Der Prophet gilt nichts mehr im eigenen Land.
Bereits seit Jahren halten die Biontech-Gründer Özlem Türeci und Ugur Sahin die Welt der Wissenschaft mit spektakulären Fortschritten bei der Krebsforschung in Atem. Ihre Kritik an der Trägheit der deutschen Genehmigungsbehörden, an bürokratischen Auflagen für Forschungsprojekte und zu hohen Hürden für Studien verhallte – obwohl viele Wissenschaftler-Kollegen praktisch im Chor längst dasselbe Klagelied angestimmt hatten.
Als Sahin und Türeci Corona mit ihrem Impfstoff den Schrecken nahmen, verlieh man ihnen das Bundesverdienstkreuz – um sie kurz darauf nach England abwandern zu lassen. Dass diese forschungspolitische Strategie deutschen Wissenschaftlern nicht gerade als nobelpreiswürdig erscheint, hat sogar Ministerin Bettina Stark-Watzinger erkannt. Ihre messerscharfe Analyse: „Der Biontech-Abgang sollte uns zu denken geben.“ Schön wäre, wenn sie aus ihren Gedanken auch die richtigen Schlüsse zieht.
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