Ampel-Koalition sucht den Arbeitsmodus

von Redaktion

Vor dem Spitzentreffen am Sonntag: Neuerliche Debatten über Tempolimits und Diesel-Steuern

Berlin – Mit ihrer Leistungsbilanz ist die Ampel-Koalition selbst nicht zufrieden. Blockaden wichtiger Gesetzesvorhaben, öffentliches Gezänk, Briefe von eiskalter Höflichkeit: SPD, Grüne und FDP sind aktuell eher im Streit- als im Arbeitsmodus. Nötig seien dringend „vertrauensvolle Gespräche, in denen wir in den Spirit des vergangenen Jahres zurückfinden“, heißt es aus der SPD. Eine Chance dafür: das Treffen der Koalition am Sonntagabend im Kanzleramt.

Er hoffe, „dass wir jetzt in dieser Woche viele Knoten lösen und viele Blockaden überwinden können“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Mitte der Woche. Zuvor hatte er sich so richtig in Rage geredet: Es könne nicht sein, „dass in einer Fortschrittskoalition nur ein Koalitionspartner für den Fortschritt verantwortlich ist und die anderen für die Verhinderung von Fortschritt“. Die Koalitionspartner reagierten verstimmt.

Tatsächlich haben sich aber vor allem Grüne und FDP bei einer Reihe Vorhaben inhaltlich verhakt. Kleiner Überblick: Seit Monaten streitet die Koalition, ob nur Bahnstrecken und Brücken schneller gebaut werden sollen oder auch Autobahnen. Letzteres will die FDP. Als Kompromiss denkbar ist eine Einigung auf ausgewählte Projekte, die bevorzugt behandelt werden sollen – etwa Strecken, die schon jetzt so überlastet sind, dass es ständig Stau gibt. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat eine Liste mit 144 dieser Engpass-Projekte vorgelegt. Die SPD schlägt dem Vernehmen nach nun vor, diese Liste noch einmal zu kürzen auf die Projekte mit dem größten Kosten-Nutzen-Faktor.

Gestritten wird auch um die Klimaziele im Verkehr. Besonders die Grünen, aber auch die SPD machen Druck auf Wissing. Er schulde seit vielen Monaten ein Sofortprogramm mit ausreichend Maßnahmen, die den CO2-Ausstoß im Verkehr dauerhaft senkten. Die FDP lehnt Vorschläge wie ein generelles Tempolimit und den Abbau bestimmter Subventionen bislang kategorisch ab.

Ärger-Potenzial gibt es auch beim Geld. Ab 2025 soll die Kindergrundsicherung die staatlichen Leistungen für Familien und Kinder bündeln. Umstritten ist in der Koalition, was dazugehören soll. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) will eine Aufstockung, weil die bisherigen Hilfen ihrer Meinung nach Kinderarmut nicht genug bekämpfen. Sie hat deshalb einen Bedarf von zwölf Milliarden Euro angemeldet.

Dass die Koalitionsspitzen im Streit um die Ministeretats für 2024 den Knoten durchschlagen, ist unwahrscheinlich. Möglich aber erscheint, dass man sich auf die Streichung einiger als klimaschädlich eingestufter staatlicher Subventionen einigt. Beispiele dafür sind die Energiesteuervergünstigungen für Dieselkraftstoff und Kerosin, die Mehrwertsteuerbefreiung bei internationalen Flügen und der geringere Steuersatz auf Agrardiesel.

THERESA MÜNCH

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