Durchbruch nach drei Tagen

von Redaktion

VON MARCUS MÄCKLER UND CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

Berlin – Eigentlich sind sie jetzt fertig, aber der FDP-Chef dreht sich noch mal um. „Wir haben echte Durchbrüche, echte Paradigmenwechsel erzielt“, sagt Christian Lindner. Wenn das immer so liefe, wäre er dafür, ab jetzt jeden Monat drei Tage am Stück zu verhandeln. Ganz ernst meint er das nicht, er will bloß noch mal die Botschaft setzen, damit sie jeder hört: Der Ampel sei etwas Großes gelungen.

Das betonen am Dienstagabend, kurz vor 20 Uhr, auch die zwei anderen Parteichefs Ricarda Lang (Grüne) und Lars Klingbeil (SPD) mehrmals. Es muss ja nach viel klingen, immerhin haben die Spitzen der Ampel-Parteien sich auch beispiellos viel Zeit gelassen. Zweieinhalb Tage lang wurde verhandelt, im Ton oft ruppig, wie Lang sagt, inhaltlich hart, wie man hört. Das Ergebnis: ein 16-seitiges Papier mit einigen Überraschungen – und ein paar Fragezeichen.

Im Kern will die Ampel die Bahn massiv stärken und zugleich den Ausbau einer begrenzten Zahl von Autobahnen beschleunigen. Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen schneller werden, die strikten Emissionsvorgaben für einzeile Wirtschaftssektoren sollen fallen. Die Pläne von Wirtschaftsminister Robert Habeck zur Heizungsumrüstung, die zuletzt für so viel Unmut sorgten, sollen aufgeweicht werden.

Vor allem die Bahn habe einen gewaltigen Investitionsbedarf, sagt Grünen-Chefin Lang, bis 2027 brauche sie 45 Milliarden Euro. Finanziert werden soll das laut Ampel-Plan über eine Anhebung der Lkw-Maut. Konkret: einen CO2-Aufschlag von 200 Euro pro Tonne für alle Lkw ab 3,5 Tonnen. 80 Prozent der Zusatzeinnahmen sollen Lang zufolge in den Ausbau der Schiene gehen.

Im Gegenzug soll der Ausbau bestimmter Autobahnen schneller vorankommen. Lindner nennt eine Zahl: Es gehe um 144 Projekte, die künftig als „von überragendem Interesse“ eingestuft werden sollten. Unter den Tempo-Autobahnstücken in Bayern sind nach Angaben aus der FDP die A8 zwischen Holzkirchen und Traunstein, das A9-Ende in München, die A92 bei Neufahrn und die A94 Richtung Markt Schwaben. Um den Schmerz für die Grünen erträglich zu halten, werden Lang zufolge beim Neubau von Autobahnen künftig verpflichtend Solaranlagen am Rand entstehen.

Zusätzlich plant die Ampel, das Klimaschutzgesetz zu ändern und die fixen CO2-Einsparziele einzelner Wirtschaftssektoren zu kippen. Hält ein Sektor die Ziele nicht ein, soll es künftig möglich sein, dass das in einem anderen Sektor ausgeglichen wird. Ebenfalls flexibilisiert werden sollen die Kompensationen für den Verbrauch von Flächen, etwa für erneuerbare Energien. Bisher mussten stets Ersatzflächen her, künftig soll man verbrauchte Flächen auch mit Geldleistungen ausgleichen können.

Einen besonders großen Streitpunkt haben die Koalitionäre zumindest zeitweise beiseite geschafft: Das umstrittene Öl- und Gasheizungsverbot von Wirtschaftsminister Robert Habeck soll abgeschwächt werden. „Es wird keine Austauschpflicht geben für bestehende Heizungen, sondern lediglich Vorgaben für neu eingebaute Heizungen“, sagt FDP-Chef Lindner. Demnach sollen Öl- und Gasheizungen erlaubt bleiben, wenn sie etwa mit klimafreundlichem Wasserstoff betrieben werden können. Insgesamt will man aber am Plan festhalten, Heizungen klimafreundlich umzurüsten. Dabei soll es einen sozialen Ausgleich geben. Konkreter wird es an diesem heiklen Punkt nicht. Das Gesetz dazu sei noch in der Abstimmung.

Die drei Parteichefs sind sichtbar erleichtert, sicher auch, weil in den vergangenen Tagen viel über die schlechte Stimmung in der Koalition zu hören war, über einen saueren Robert Habeck und eine neue Front zwischen SPD und FDP einerseits und den Grünen andererseits. Am Dienstag will davon niemand etwas wissen. Lars Klingbeil sagt, er sei „hochzufrieden“ mit dem Ergebnis. Und Kanzler Olaf Scholz twittert: „Es hat sich gelohnt.“

Artikel 7 von 11