VON MIKE SCHIER
Es ist schon ein paar Monate her, dass Ramona Pop, Vorsitzende des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, eine harte These aufstellte: Man solle genau prüfen, „ob und wie stark sich Lebensmittelkonzerne und Handel an der Krise bereichern“ – eine Übergewinnsteuer sei denkbar. Auch das Ifo-Institut übte Kritik. Wer die neuesten Inflationszahlen ansieht, fühlt sich an diese Stimmen erinnert. Das Positive: Die Inflation insgesamt sinkt von 8,7 Prozent im Februar auf jetzt 7,4. Experten halten den Höhepunkt damit für überschritten, auch dank der Preisbremsen der Regierung. Das Alarmierende: Bei Lebensmitteln beträgt der Anstieg schwindelerregende 22,3 Prozent, Tendenz noch immer steigend.
Die Gründe scheinen vielfältig: natürlich der Krieg in der Ukraine, aber auch Ernteausfälle und die Folgen der hohen Energiepreise. Trotzdem sollte sich die Politik genau ansehen, warum sich die Teuerung bei Lebensmitteln derart von anderen Produkten entkoppelt: Denn anders als die ebenfalls stark verteuerten Pauschalreisen sind Nahrungsmittel eben kein Luxus, auf den man zur Not auch mal verzichten kann. Im Gegenteil: Hier trifft die Inflation vor allem die ärmeren Bevölkerungsschichten brutal, oft Familien mit vielen (hungrigen) Kindern, aber auch Senioren mit kleiner Rente.
Noch immer weigert sich Berlin, zum einfachsten aller Mittel zu greifen. Portugal setzte erst in dieser Woche die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel wie Brot, Nudeln, Reis, Kuhmilch, Eier oder Fleisch für sechs Monate aus. In Spanien hatte die linke Regierung dies schon im Januar beschlossen – nur sieben Abgeordnete trauten sich, mit Nein zu stimmen. Gestern verkündete übrigens auch Spanien seine Inflationsrate: 3,3 Prozent.
Mike.Schier@ovb.net