Berlin – Die Diskussion ebbt nicht ab. Auch nach wochenlangem Ringen in der Ampel-Koalition um die Kindergrundsicherung scheint keine Lösung in Sicht. Immerhin: Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann bekräftigt am Montag das grundsätzliche Ziel der Ampel-Koalition, das Vorhaben umzusetzen. „Die Bundesregierung hat sich (…) im Koalitionsvertrag darauf verständigt, eine Kindergrundsicherung einzuführen. Das ist mehrfach bekräftigt worden, und das wird auch so kommen“, sagt sie. Man arbeite jetzt an der konkreten Ausgestaltung.
Die Kindergrundsicherung soll ab 2025 die staatlichen Leistungen für Familien und Kinder bündeln – also zum Beispiel das Kindergeld, Sozialleistungen für Kinder wie das Bürgergeld und die Beträge für die Teilnahme an Sport- und Kulturveranstaltungen sowie den Kinderzuschlag für Eltern mit geringen Einkommen. Was letztlich genau alles darunter fallen soll, ist in der Koalition noch umstritten.
In der Praxis könnte das dann so aussehen: Zu einem fixen Grundbetrag (vergleichbar mit dem heutigen Kindergeld) sollen Familien einem Entwurf des Bundesfamilienministeriums zufolge in Zukunft einen Zusatzbetrag erhalten, der vom jeweiligen Einkommen der Eltern abhängig ist. Dahinter steht auch der Gedanke, dass Eltern unterstützende Maßnahmen dann nicht mehr mühsam bei verschiedenen Behörden beantragen müssen. Auch Einkommensnachweise sollen demnach nicht mehr verlangt werden. Die nötigen Informationen soll der Staat direkt vom Finanzamt bekommen.
Die FDP drängt bei der Kindergrundsicherung vor allem auf die Punkte Digitalisierung und vereinfachte Antragstellung. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) will hingegen zusätzlich eine Aufstockung, weil die bisherigen Hilfen ihrer Meinung nach Kinderarmut nicht ausreichend bekämpfen würden. Finanzminister Christian Lindner (FDP) sieht dafür aber kaum Spielraum im Haushalt. Er verweist auf die bereits erfolgte deutliche Kindergelderhöhung auf 250 Euro im Monat. Schon seit Wochen streiten Grüne und FDP darüber, wie viel Geld das Projekt kosten soll.
Auch nach Ansicht von SPD-Fraktionsvize Achim Post ist angesichts der Kassenlage klar, dass Priorisierungen vorgenommen werden müssten. Nicht alles werde ohne Abstriche finanzierbar sein. Aber Post mahnt eine offene Herangehensweise an: „Wir müssen in den nächsten Wochen und Monaten prüfen, wo wir uns zusätzliche Spielräume erarbeiten können. Und dabei erwarte ich dann auch, dass wir das in der Koalition mit Pragmatismus tun – und nicht vorschnell zu allen denkbaren Wegen Nein sagen.“
Ein neuer Vorschlag kommt am Montag aus dem linken SPD-Flügel. „Wenn Christian Lindner keinen Spielraum für eine Kindergrundsicherung sieht, haben wir tatsächlich schon eine gute Idee, wie man den Spielraum erweitern könnte – etwa durch eine einmalige Vermögensabgabe“, sagt Wiebke Esdar, die Sprecherin der Parlamentarischen Linken der SPD-Fraktion, zu „Zeit Online“. Dafür könnte ein hoher Vermögenssatz von zwei oder fünf Millionen Euro festgesetzt werden. Da diese Abgabe nur einmalig zu leisten wäre, entstehe zudem viel weniger Bürokratie als bei einer Vermögenssteuer.
Eine Studie der Bertelsmann Stiftung aus dem Januar kam zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2021 bundesweit knapp 2,9 Millionen Kinder und Jugendliche von Armut bedroht waren – das entspricht einem Anteil von 20,8 Prozent. hor/dpa