München – Russland wird erneut von einem politischen Mord erschüttert: Der bekannte Militär-Blogger und Kriegs-Propagandist Wladlen Tatarsky starb bei einem Bombenanschlag in St. Petersburg. 32 weitere Menschen wurden verletzt.
Zwar wurde eine 26-jährige als Attentäterin festgenommen, doch über die Hintergründe der Tat kursieren wilde Spekulationen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow warf dem „Regime“ in Kiew vor, für den „Terroranschlag“ verantwortlich zu sein.
Der Chef der Söldner-Gruppe Wagner Jewgeni Prigoschin widerspricht jedoch der offiziellen Regierungs-Darstellung: „Ich würde nicht dem Regime in Kiew die Schuld geben an diesen Handlungen“, sagte Prigoschin, der auch an den Tod der Propagandistin Darja Dugina erinnerte, die im vergangenen Jahr bei einer Autoexplosion in der Nähe von Moskau getötet wurde.
Das staatliche Ermittlungskomitee teilte mit, dass die 26-jährige Darya Trepova als Tatverdächtige festgenommen worden sei. Die Frau stehe mit der Anti-Korruptions-Stiftung des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny in Verbindung.
Nawalnys im Exil arbeitendes Team wies die Anschuldigungen zurück. Der FSB habe den Blogger, der die Kriegsführung des Verteidigungsministeriums in Moskau kritisierte, selbst „beseitigt“, sagte Nawalnys Mitarbeiter Iwan Schdanow. Tatsächlich hatte Tatarsky dem Militärapparat „Systemfehler“ bescheinigt. „Sie brauchen nicht nur den äußeren absoluten Feind in Gestalt der Ukraine, sondern auch einen inneren Feind in Gestalt des Nawalny-Teams“, sagte Schdanow.
Auf einem vom russischen Innenministerium veröffentlichten Video vom Verhör räumte Darya Trepova zwar ein, Tatarsky die Gipsfigur überreicht zu haben, in der sich der Sprengstoff befand. Die Beschuldigte gab aber weder Mordpläne zu, noch sagte sie, von wem sie die Büste erhalten habe. Ihr Ehemann erklärte laut russischen Medien, dass seine Frau davon ausgegangen sei, dass in der Büste lediglich eine Wanze befestigt gewesen sei.
Der US-Denkfabrik ISW zufolge könnte es sich bei der Explosion auch um eine Warnung Wladimir Putins an Prigoschin handeln, der in letzter Zeit immer wieder Kritik am russischen Verteidigungsministerium geäußert hatte. Zudem könne Putin den Vorfall sowie das Zerwürfnis zwischen einzelnen Militärbloggern nutzen, um kritische Stimmen in der Militärblogger-Szene zu zensieren, hieß es in dem ISW-Bericht. Wohl auch um solchen Spekulationen zu entgegnen, hat Putin Tatarsky gestern „für Mut und Kühnheit, die er bei der Erfüllung seiner beruflichen Pflichten demonstriert hat“ postum mit dem Tapferkeitsorden ausgezeichnet.
Der 40-jährige Tatarsky hieß mit bürgerlichem Namen Maxim Fomin und stammte aus dem Donbass in der Ostukraine, wo er nach einem Bankraub inhaftiert wurde. Im Rahmen der von Russland gesteuerten Aufstände entkam er 2014 aus der Haft und kämpfte für die Separatisten, ehe er als Blogger für die „totale Vernichtung der Ukraine“ Propaganda machte. kr