Friedensbewegung in der Ukraine-Falle

Die Ostermärsche schillern in neuen Farben

von Redaktion

VON GEORG ANASTASIADIS

An Ostern marschieren sie wieder: In über 100 deutschen Städten sind über die Feiertage Friedensdemos angekündigt. Doch obwohl im Osten Europas der verheerendste Krieg seit dem von Hitler angezettelten Inferno tobt, werden diesmal viel weniger Teilnehmer erwartet als in früheren Jahren, ganz zu schweigen von den Zeiten der NATO-Nachrüstung oder des Irakkriegs. Das ist auf den ersten Blick paradox – und doch schnell erklärt: Dieser Krieg ist, jedenfalls aus Sicht der alten linken Friedensbewegung, kein „richtiger“ Krieg, also keiner, für den so leicht die üblichen Weltschurken USA oder NATO verantwortlich zu machen wären. Nur gegen die Kriegstreiber im Kreml zu demonstrieren, käme vielen nie in den Sinn.

Wichtige Hauptakteure der Friedensbewegung von gestern haben sich diesmal ausgeklinkt, in Anerkennung der neuen Realität: die Grünen – ihr Bundesminister Cem Özdemir nimmt, Respekt, lieber an einer Wehrübung teil. Und die Evangelische Kirche – deren Ratsvorsitzende Annette Kurschus wirbt stattdessen für Waffenlieferungen an die überfallene Ukraine. Zurück bleibt ein Häuflein aus Kommunisten, Pazifisten und dem Duo Sahra Wagenknecht/Alice Schwarzer, für die, lässt man das Wortgeklingel beiseite, weniger Putins Angriffskrieg als vielmehr der aufopferungsvolle Freiheitskampf der Ukrainer mitsamt westlicher Waffenhilfe der eigentliche Kriegsskandal ist, weil das ja das Leiden verlängere. Neu hinzugesellt haben sich viele Rechtsradikale, die Putin anhimmeln.

Der Friedensforscher Bruno Schoch nennt das noch zurückhaltend ein „ziemliches Gemisch“. Es schillert nicht mehr in erster Linie grün oder rot, sondern in allen möglichen Farben und Schattierungen. Was immer sie auf die Straße treibt, sei es Hass auf die USA, Friedensliebe oder einfach nur die Sorge vor einem Übergreifen des Krieges – eines eint sie: die mangelnde Empathie für die Opfer.

Georg.Anastasiadis@ovb.net

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