Welcher Katholik erinnert sich nicht an die erste Beichte, die er als Kind vor der Erstkommunion abzulegen hatte? Welche schweren Sünden hatte man denn begangen, zermarterte man sich das Hirn. Gewissenserforschung heißt das. Für ein neunjähriges Kind kann das eine echte Qual sein.
Neben der seit Jahren von Eltern und Religionspädagogen geführten Diskussion, ob Beichte und der Begriff Sünde für Grundschulkinder überhaupt vermittelbar sind, belastet auch der Missbrauchsskandal das Sakrament. Schändlicherweise war der Beichtstuhl bei vielen Übergriffen der Tatort. Kein Wunder, dass Harald Dreßing, der die MHG-Missbrauchsstudie der Bischofskonferenz geleitet hat, vor der potenziell toxischen Situation im Beichtstuhl warnt. Kinder unter 14 Jahren beichten zu lassen, findet der Psychiater ohnehin fraglich.
In vielen Gemeinden geht man heute einfühlsam mit dem Beichtsakrament gerade bei Kindern um. Gebeichtet wird in der offenen Sakristei oder im Altarraum – sichtbar, aber ungestört. Kinder sollen verstehen, welche Folgen Fehlverhalten haben, was Vergebung bedeutet. Die Diskussion über die Beichte zeigt aber, welche Folgen die Missbrauchsverbrechen haben. Alles wird auf den Prüfstand gestellt. Kirche muss sich, ihre Riten und Sakramente überprüfen und überdenken – nichts ist mehr selbstverständlich.
Claudia.Moellers@ovb.net