Leaks: Militär-Mitarbeiter verhaftet

von Redaktion

VON CH. JACKE, M. TRÖNDLE, J. NAUE UND J. VOGELSÄNGER

Washington/North Dighton – Bei den Ermittlungen zur Veröffentlichung brisanter US-Geheimdienstinformationen im Internet hat die Bundespolizei FBI einen Verdächtigen festgenommen. Der Mann sei in Verbindung mit der „unbefugten Entfernung, Aufbewahrung und Übermittlung von Verschlusssachen“ in Gewahrsam genommen worden, sagte US-Justizminister Merrick Garland am Donnerstag. Er sei Angehöriger der Nationalgarde und heiße Jack T.

Der Mann wurde am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) in North Dighton im Bundesstaat Massachusetts festgenommen. CNN zeigte Videos der Festnahme. Darauf war zu sehen, wie Einsatzkräfte einen Mann in T-Shirt und kurzer Hose abführten. US-Medien hatten zuvor Details über den mutmaßlichen Maulwurf in Umlauf gebracht. Der Mann soll eine Chat-Gruppe auf der bei Videospielern beliebten Plattform Discord geleitet haben. Er habe die brisanten Unterlagen zunächst als Abschriften mit der Gruppe geteilt und dort später Fotos von ausgedruckten Dokumenten hochgeladen. Medien zufolge ist er 21 Jahre alt.

Seit Wochen kursieren im Internet geheime US-Dokumente – angeblich von CIA und Pentagon – zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine: Informationen zu Waffenlieferungen, Einschätzungen zum Krieg. Aber auch Details zu angeblichen Spähaktionen der USA gegen Partner. Unklar ist, was authentisch ist und was bearbeitet worden sein könnte. Für die US-Regierung ist die Sache so oder so höchst unangenehm. Es stellen sich Fragen dazu, wie verlässlich die Amerikaner sind, wie gut sie ihre Geheimnisse und die ihrer Partner schützen und wie loyal sie Verbündeten gegenüber sind.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin erfuhr nach eigenen Angaben erst kurz vor Ostern aus den Medien von dem Leck – obwohl das Material da schon wochenlang im Netz umherging. Danach rotierte die Regierung, um Partner zu besänftigen und vor allem, um die undichte Stelle zu finden.

Die „Washington Post“ legte kurz vor der gestrigen Festnahme bereits umfangreiche Details über den Mann offen, den manche „OG“ nannten. In dessen Chat-Gruppe hätten sich rund zwei Dutzend junge Leute mit Vorliebe für Waffen und Militärausrüstung zusammengeschlossen. Die Runde habe sich 2020 während der Corona-Pandemie gegründet. „OG“ wurde dort als charismatischer Waffennarr mit düsteren Ansichten über die US-Regierung, die Geheimdienste und die Strafverfolgungsbehörden beschrieben.

Andere in der Gruppe hätten ihn bewundert. „Er ist fit. Er ist stark. Er ist bewaffnet. Er ist trainiert. So ziemlich alles, was man von einem verrückten Film erwarten kann“, sagte ein Mitglied. „OG“ habe der Gruppe erzählt, dass er auf dem Militärstützpunkt, wo er arbeitete, an die Dokumente gelangt sei. Weil Fotos verboten gewesen seien, habe er die Dokumente abgeschrieben, die Inhalte gepostet. Als sich das als zu mühsam erwies, begann er, Bilder zuvor ausgedruckter Papiere zu posten. Die „New York Times“ schrieb, Details der Inneneinrichtung aus dem Elternhaus des 21-Jährigen, die auf Fotos in sozialen Medien veröffentlicht wurden, stimmten mit Details am Rand einiger Fotos der Dokumente überein.

Mitte März habe „OG“ aufgehört, Dokumente mit der Chat-Gruppe zu teilen. Grund war, dass jemand aus dem Kreis, dem auch Nutzer aus Russland und der Ukraine angehört haben sollen, Unterlagen in einer anderen Gruppe gepostet und so die Geheimhaltung gebrochen hatte. Anfang April, kurz bevor die „New York Times“ über das Leck berichtete, habe „OG“ verzweifelt gewirkt. „Er sagte, es sei etwas passiert und er bete zu Gott, dass dieses Ereignis nicht eintrete“, zitierte die Zeitung ein Mitglied der Gruppe. Die Motivation von „OG“ ist unklar. Feindselig gegenüber der US-Regierung sei er nicht gewesen, hieß es. Nach Überzeugung der Chat-Nutzer war er auch kein russischer oder ukrainischer Agent.

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