Baerbock gibt den Anti-Macron

Klartext in Peking war leider nötig

von Redaktion

VON GEORG ANASTASIADIS

Die grüne Außenministerin Annalena Baerbock hat in Peking nicht zurückgezogen. Ihre Warnung vor neuen „Schockwellen“ dürfte das chinesische Regime als das verstanden haben, was es war: die Ansage harter Sanktionen für den Fall eines Überfalls der Volksbefreiungsarmee auf Taiwan. Das war leider nötig nach den gefährlichen und liebedienerischen Aussagen des Wirtschaftsreisenden Macron, die Xi Jinping kaum anders verstehen konnte denn als Einladung, die kleine Inselrepublik zu unterjochen. Entsprechend frostig fiel auch die Antwort des chinesischen Kollegen auf Baerbocks Rede aus.

Doch hat die Außenministerin damit die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands mutwillig beschädigt, wie murrend aus SPD und CSU zu hören ist, mitsamt hämischem Hinweis auf Baerbocks „moralbasierte Politik“? Umgekehrt wird ein Schuh draus. Viel teurer käme es Europa am Ende zu stehen, wenn es China dank unklarer Signale ermutigen würde, das Wagnis einzugehen – auch Putin überfiel ja die Ukraine, weil er glaubte, Europa werde sich nicht zu einer harten Reaktion aufraffen. Die Folge ist der Zusammenbruch der globalen Friedensordnung und ein hunderttausendfaches Morden, das die selbst ernannte Friedensmacht China regungslos hinnimmt.

Nicht um „Moral“ geht es, sondern um Realpolitik. Die sich selbst notorisch überschätzende Atommacht Frankreich mag sich einbilden, selbst für den Schutz Europas sorgen zu können. In Berlin sieht man die Dinge etwas realistischer und ist clever genug, sich von Paris nicht gegen Washington ausspielen zu lassen. China kann sein Kosten-Nutzen-Kalkül nun etwas präziser einschätzen – und ist hoffentlich klug genug, es nicht zum Äußersten kommen zu lassen. Dass Chinas Außenminister im Beisein Baerbocks versprach, Putin auch künftig keine Waffen zu liefern, kann immerhin als beschwichtigende Geste gewertet werden.

Georg.Anastasiadis@ovb.net

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