Wiesbaden – Dass Menschen in dem Land aufwachsen, in dem schon ihre Großeltern gelebt haben, ist in Deutschland immer seltener. Die einen suchten Arbeit und ein besseres Leben, einige kamen zum Studieren und blieben, andere suchten Schutz vor Krieg oder Verfolgung: Nahezu ein Viertel der im vergangenen Jahr in Deutschland lebenden Menschen hat eine Einwanderungsgeschichte. Das sind 20,2 Millionen Menschen oder 24,3 Prozent der Gesamtbevölkerung, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag zu den Daten aus dem Mikrozensus berichtete.
Als Menschen mit Einwanderungsgeschichte definierte die Behörde alle, die seit 1950 nach Deutschland eingewandert sind, sowie deren direkte Nachkommen – die „zweite Generation“. Im Vergleich zum Vorjahr war die Zahl von Menschen mit Einwanderungsgeschichte um 6,5 Prozent oder 1,2 Millionen Menschen gestiegen. Dabei spielte vor allem Fluchtmigration, insbesondere infolge des Ukraine-Krieges eine Rolle.
So stieg die Zahl der selbst eingewanderten Menschen durch Geflüchtete vor allem aus der Ukraine, Syrien und Afghanistan mit 7,3 Prozent stärker als die Zahl der in Deutschland geborenen direkten Nachkommen eingewanderter Eltern, die um vier Prozent anstieg.
Dabei bleiben die Eingewanderten längst nicht unter sich in ethnischen Gruppen: So haben 3,9 Millionen der in Deutschland geborenen Menschen – 4,6 Prozent der Gesamtbevölkerung – einen Vater oder eine Mutter mit Einwanderungsgeschichte. Das entsprach einem Anstieg gegenüber 2021 um 3,5 Prozent. Diese 3,9 Millionen Menschen werden selbst nicht zur Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte gezählt. Keinerlei Einwanderungsgeschichte hatten 71,1 Prozent der Bevölkerung in Deutschland.
6,1 Millionen Menschen und damit knapp 40 Prozent aller in Deutschland lebenden selbst eingewanderten Menschen sind laut dem Statistischen Bundesamt seit 2013 nach Deutschland gekommen. Diese Gruppe weist eine Besonderheiten auf: Sie ist mit einem Durchschnittsalter von 29,9 Jahren deutlich jünger als die Bevölkerung ohne Einwanderungsgeschichte (47 Jahre).
Die drei Hauptherkunftsländer der Einwanderer seit 2013 sind Syrien (16 Prozent), Rumänien (sieben Prozent) und Polen (sechs Prozent). Die Ukraine folgt an vierter Stelle mit fünf Prozent. Allerdings sind seit dem russischen Angriff noch nicht alle ukrainischen Geflüchteten vollständig im Mikrozensus erfasst, hieß es.
Der Hauptgrund für die Einwanderung ab 2013 war Flucht, Asyl und internationaler Schutz mit einem Anteil von 27,9 Prozent. Dicht dahinter folgten Einwanderung wegen Erwerbstätigkeit (24,2 Prozent) sowie Familienzusammenführung (23,9 Prozent). Etwas mehr als acht Prozent der seit 2013 Eingewanderten waren hauptsächlich für ein Studium oder eine Aus- und Weiterbildung nach Deutschland gekommen. EVA KRAFCZYK