Strauchelnder Präsident Macron

Opfer seines mangelnden Gespürs

von Redaktion

VON MARCUS MÄCKLER

Das Geschäft kann grausam sein. Lange war Emmanuel Macron die Verkörperung einer frischen, ideenreichen, anpackenden Politik; in sechs Jahren Amtszeit hat er vieles bewegt. Trotzdem brauchte er nur wenige Wochen, um sich innen- wie außenpolitisch unmöglich zu machen. Macrons Rentenreform droht Frankreich zu zerreißen. Und seine Äußerungen zu Taiwan haben den Westen in hochsensibler Zeit erschüttert.

Hier wie dort scheint Macron Opfer eines mangelnden Gespürs. Die Rentenreform ist nötig, sie aber mit der Brechstange, am Parlament vorbei, durchzusetzen, war grundfalsch. Ähnlich sein China-Auftritt: Dass er strategische Autonomie für Europa, mehr Unabhängigkeit von den USA fordert, ist weder skandalös noch neu. Das aber nach einem Besuch beim Welt-Chefautokraten Xi in Peking zu tun und anzudeuten, Taiwan sei nicht Europas Problem, ließ den Verdacht aufkommen, Macron – lange der kreativste Ideengeber Europas – habe sich einspannen lassen.

Der Mann, der mal als Hoffnung galt, hat sich selbst matt gesetzt. Ausgerechnet die Rechtspopulistin Marine Le Pen kann sich jetzt an ihm aufrichten. Macron verhinderte sie zweimal als Präsidentin. Möglich, dass ausgerechnet er ihr jetzt die Tür geöffnet hat.

Marcus.Maeckler@ovb.net

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