Parteitag der FDP

Der 8. Oktober als Schicksalstag

von Redaktion

VON MIKE SCHIER

Am Ende seiner 90-minütigen Rede fühlte sich Christian Lindner noch genötigt, die Delegierten sanft daran zu erinnern, wo die Partei vor zehn Jahren stand. Als er den Vorsitz übernahm, stellten sich die Liberalen in der außerparlamentarischen Opposition und bei Umfragewerten von zwei Prozent die Existenzfrage. Heute fungiert der 44-Jährige als Bundesfinanzminister. Es sei nicht schlimm, wenn die Partei dafür angegriffen werde, wofür sie steht, habe er damals gesagt. Schlimm sei nur, wenn sie angegriffen werde, weil sie für nichts steht. Und da habe er ja doch einen ganz guten Job gemacht.

Ja, seit Monaten müssen sich die Liberalen rechtfertigen. Vor den einen für ihre Standpunkte, vor anderen, weil sie Dinge beschließen, die just diesen Standpunkten widersprechen. Zuletzt bei Atom und Heizung. Der ewige Spagat in der Ampel! Und doch ist etwas in Bewegung geraten. Die FDP kann gelegentlich wieder punkten – was daran liegen dürfte, dass bei Olaf Scholz eine Erkenntnis wächst: Ewig kann der kleinste der drei Partner nicht mehr Wahlschlappe auf Wahlschlappe verkraften. Zum Schicksalstag für die Ampel, aber auch für Lindner persönlich, wird der 8. Oktober. In Bayern ist der Wiedereinzug in den Landtag akut gefährdet, auch Hessen wackelt. Geht beides schief, stellen sich die ganz großen Fragen.

Bislang aber stützt die FDP Lindner. 88 Prozent sind sehr ordentlich (auch wenn 64 Delegierte lieber nicht abstimmten). Seine Verdienste sind einfach zu groß. Und es gibt keine Alternative. Weder zu ihm noch zur Koalition.

Mike.Schier@ovb.net

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