Lindner schießt gegen Ampel-Partner

von Redaktion

VON CARSTEN HOFFMANN UND ULRICH STEINKOHL

Berlin – Am Eingang zum FDP-Bundesparteitag wirken die Klimademonstranten ein wenig verloren. Immerhin: Höflichkeiten und ein Lächeln werden ausgetauscht, während die Aktivisten Handzettel mit Kritik am Klimakurs der Liberalen verteilen. Schnell verschwinden die liberalen Delegierten am Freitag in den Berliner Tagungsort, wo es am ersten Tag vor allem darum geht, wie die Republik in schweren Zeiten Wohlstand und Wachstum erhält.

Jedenfalls nicht durch staatliche Eingriffe, Bevormundung und Umverteilungsfantasien, macht Parteichef Christian Lindner in seiner Rede deutlich – und erntet gerade da Applaus, wo es den grünen Koalitionspartner schmerzen dürfte. „Das Leben mit Verbrennungsmotor im Thüringer Wald ist nicht besser oder schlechter als das Leben mit Lastenrad im Prenzlauer Berg. Es sind schlicht freie Lebensentscheidungen, die beiderseits Respekt verdienen“, sagt er.

Die Kritik am Auto lässt Lindner nicht gelten. „Dienstwagenprivileg. Wer dieses Wort ausspricht, der will doch beim Zuhörer erwecken das Bild: Bentley, S-Klasse. Die Wahrheit aber ist, liebe Freundinnen und Freunde, der beliebteste Dienstwagen in Deutschland, das ist der VW Passat Variant“. Die FDP werde „weiter dafür sorgen, dass nicht die Passat-Fahrerin ins Zentrum der Umverteilungsfantasien von anderen kommt“. Es gehe um die breite Mittelschicht und nicht um die „Champagner-Etage“.

Auch nach dem Aus der letzten Atomkraftwerke ist das letzte Wort für die FDP noch nicht gesprochen. „Man könnte fragen, ob das eigentlich sinnvoll ist, drei sichere, klimaneutrale Kernkraftwerke abzuschalten, die auch einen Effekt für den Strompreis haben und auf der anderen Seite dann die gestiegenen Strompreise mit Steuergeldern runter subventionieren zu wollen“, ruft Lindner in die Menge.

Anders als in den Vorjahren – als es um die Corona-Maßnahmen und Waffenlieferungen an die Ukraine ging – schärft die FDP als kleinster Partner in der Ampel mit SPD und Grünen nun vor allem ihr Profil als Wirtschaftspartei und als Stimme des Mittelstandes. Die Vize-Vorsitzende Nicola Beer nannte die FDP das „liberale Korrektiv“ der Ampel. Lindner keilt aber auch gegen die Union und ihre Steuerpläne. Namentlich bekommt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sein Fett weg, den Lindner „Baumumarmer“ nennt, was ihn offenkundig als einen politischen Akteur charakterisieren soll, der für einen Erfolg jede Karte zieht.

Der FDP-Chef, der seiner Partei eine ganze Serie verlorener Landtagswahlen erklären müsste, steht ohne vernehmbare Kritik an der Spitze der Partei. Nur ein Delegierter aus Meißen merkt an: „Wenn wir wirklich so gut wären, wie wir jetzt immer gehört haben, dann müssten wir eigentlich 20 Prozent haben und in jedem Landtag drin sitzen und dort immer und überall die bestimmenden Positionen haben.“

Lindner zeichnete das Bild einer FDP, die 2013, als er sie nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag übernahm, in jeder Hinsicht am Boden lag – und heute wieder strahlend dasteht. Da könnte man auch auf die Idee kommen zu gehen, meinte der Parteichef. Natürlich rein rhetorisch. Denn gleich darauf sagte er, dass er noch viel mit der FDP vorhabe. Er kämpfe für ein „modernes, nicht-linkes Deutschland.“ Für die Ampelpartner musste das fast wie eine Kampfansage klingen.

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