Evakuierungen aus dem Sudan

Rückenwind für den Reformprozess

von Redaktion

VON MIKE SCHIER

Im täglichen Nachrichtengetöse geht es zuweilen unter, wenn bestimmte Schlagzeilen nicht geschrieben werden. Man erinnere sich, wie Annegret Kramp-Karrenbauer 2021 die Rettung der Menschen vor den nahenden Taliban aus Kabul als „herausragenden Einsatz“ feierte – dabei herrschte vor Ort das reine Chaos, die Mission entpuppte sich als mittleres Desaster. Dagegen liefen die Evakuierungen aus dem Sudan geradezu vorbildlich. Vielleicht auch, weil die Politik diesmal ein besonderes Augenmerk darauf legte: Minister Boris Pistorius sagte eigens eine Reise zum wichtigen Verbündeten USA ab.

All das ist in diesem Land leider nicht selbstverständlich: Die Bundeswehr erfüllt ihre Aufgabe, und der zuständige Minister gleich dazu. Unaufgeregt, reibungslos, solide. Pistorius mache das „erstaunlich pragmatisch“, staunt sogar der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter. Auf der Rangliste der beliebtesten Politiker im ZDF-Politbarometer rangiert der vor Kurzem noch kaum bekannte Niedersachse mit Abstand auf Platz eins – als Verteidigungsminister im pazifistischen Deutschland.

Doch politische Stimmungen schwanken. Robert Habeck kann ein Lied davon singen. Deshalb sollte Pistorius seine aktuelle Stärke dazu nutzen, seinen im Apparat sicher nicht überall gefeierten Reformprozess fortzuführen. Schon jetzt hat er in seiner kurzen Amtszeit mehr angestoßen als alle seine Vorgängerinnen gemeinsam. Aber er wird weiter gut kommunizieren müssen – nach innen wie nach außen. Vor allem, wenn bald erste Negativschlagzeilen kommen. Denn von echter Verteidigungsfähigkeit ist die Truppe noch weit entfernt.

Mike.Schier@ovb.net

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