Der Koalitionsvertrag vergilbt. Gut so. Mit ihrer spektakulären Asyl-Wende schwenkt die rot-grün-gelbe Bundesregierung auf einen umstrittenen, aber absolut richtigen Kurs ein: harter Schutz der EU-Außengrenze, Asylverfahren und Aufnahmezentren dort, dann eine faire Verteilung der Bleibeberechtigten auf Europa. Dass sich die Ampel dagegen nicht mehr sträubt, sondern SPD-Innenministerin Nancy Faeser sogar eine deutsche EU-Initiative dazu ankündigt, ist ein riesiger Fortschritt.
Das ist in der Sache wichtig. Das bestehende System ist zynisch: Wer’s übers Mittelmeer schafft oder an türkischen und griechischen Grenzern vorbei, kann in Europa bleiben, ob Asylanspruch oder nicht, und kann sich das Zielland aussuchen. Weder rechtsstaatlich noch solidarisch agieren die Staaten, das wird ihnen mit stark steigenden Ankunftszahlen um die Ohren fliegen. Die Aufnahmezentren aufzubauen wird vor allem in Griechenland, Bulgarien und Italien ein hoher Aufwand; es wird an Hässlichkeiten wie Zäune und robuste Frontex-Truppen gekoppelt sein. Teuer wird das, und das Verhandeln über Verteil-Quoten sicher quälend. Doch was sonst?
Eine Lösung zu finden, ist auch für die EU dramatisch wichtig. Bisher weisen Kommission, Parlament und Staaten hier die Schreckensbilanz eines jahrelang fortgesetzten Versagens vor. Gleichzeitig schleichen sich bei vielen Regionalwahlen Populisten und Radikale, rechts wie links, nach vorn. Ja, da gibt es einen Zusammenhang. Und zur Erinnerung: Im Frühsommer 2024 ist Europawahl.
Christian.Deutschlaender@ovb.net