Reisen deutscher Politiker nach Afrika bringen in der Regel kaum Schlagzeilen, aber viele bunte Fotos. Der große Kontinent im Süden ist in unserer Wahrnehmung noch immer viel weiter weg als beispielsweise Nordamerika. Und wenn, dann wird er als Problem wahrgenommen: Kriege, Korruption, Klimawandel. Und natürlich als Ausgangspunkt von Fluchtbewegungen. Meist spricht man über Entwicklungshilfe – wie im letzten Jahrtausend.
Der Ansatz greift schon deshalb zu kurz, weil längst Chinesen und Russen den Kontinent unter ganz anderen Gesichtspunkten betrachten. Peking sichert sich vor allem wirtschaftliche Märkte und Bodenschätze, politische Abhängigkeiten inklusive. Wladimir Putin hatte die Wagner-Truppen losgeschickt, um sich militärische Einflusszonen zu schaffen. Deutschland hat dagegen soeben seinen Abzug aus Mali beschlossen. Dafür gibt es sehr gute Gründe, zugleich überlässt man aber anderen das Feld.
Es wäre erfolgversprechender, wenn sich Berlin dem Kontinent pragmatisch nähern würde – auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Eine junge Bevölkerung, wachsende Märkte und steigendes Selbstbewusstsein bergen Chancen. Und wenn es darum geht, Lieferketten zu diversifizieren, kommt man an Afrika nicht vorbei. Gut, dass Olaf Scholz schon zum zweiten Mal vor Ort ist.
Mike.Schier@ovb.net