Die CSU ist in ihren Positionen bisweilen, höflich ausgedrückt, biegsam. Im Umgang mit Homosexualität hat die Partei aber über zwei Jahrzehnte eine sehr konsequente, nachdrückliche Kurskorrektur vorgenommen. Die muffig-homophobe Haltung brach auf. Über die Zwischenschritte Akzeptanz, dann Respekt für die auch in homosexuellen Partnerschaften gelebte Fürsorge hin nahe an eine „Leben und Leben lassen“-Normalität: Jetzt outen sich auch Bundestagsabgeordnete und Landtagskandidaten, freundlich und unaufgeregt bekräftigt von der Parteispitze. Realität eben, nicht Zeitgeist.
Und deshalb verwundert es, wenn die CSU auf dem Christopher Street Day in München nicht mit einem Wagen willkommen sein soll, andere Parteien schon. Wer die Parade als Kundgebung für Offenheit, Toleranz und eine fröhlich-bunte Gesellschaft versteht, ist irritiert vom Ausschluss demokratischer Kräfte. Ja, es wird und soll auch Dissens geben zwischen der CSU und Teilen der queeren Community einer Großstadt. Aktuell der Aufreger, ob wirklich Drag-Künstler in der Stadtbibliothek vor Vierjährigen auftreten sollen – es gibt gute Argumente (die auch der SPD-Oberbürgermeister teilt), das für Unfug zu halten. Mit fehlendem Respekt für Lebensentwürfe, mit Hetze oder gar Hass hat das nichts zu tun. Also ist auch das kein Anlass für fundamentale Zerwürfnisse.
Christian.Deutschlaender@ovb.net