Hauptversammlungen waren mal gesellige Veranstaltungen. Dort gab es Bockwurst, Kaffee und für Kleinaktionäre die Möglichkeit, einmal live und in Farbe die Vorstände der Firmen zu sehen, in die man investiert hat. Bei drei Vierteln der Dax-Konzerne ist das aber vorbei: Sie halten ihre HVs nur noch virtuell ab, im Internet – obwohl alle Corona-Regeln längst aufgehoben sind.
Stimmt, Aktionäre dürfen auch in diesem Format Fragen stellen. Nur gerade Kleinaktionäre, die auch mal kauzige Redebeiträge liefern oder sich über die Produkte beschweren wollen, tun das seltener. Sie nehmen offenbar auch nicht so oft an virtuellen Formaten teil. So kamen zur letzten HV von BMW vor der Pandemie 5000 Aktionäre, bei der virtuellen waren es deutlich weniger. Auch die Kosten sind kein Argument für die virtuelle HV. Eine Präsenzveranstaltung kostet trotz Bockwurst einen Bruchteil von dem, was Dax-Vorstände verdienen.
So drängt sich der Verdacht auf, dass es den Konzernen um anderes geht: Während bei der Internet-HV von BMW Klima-Aktivisten zwischen Imagefilmen brave Redebeiträge lieferten, gab es bei der Präsenz-HV von VW nackte Brüste zu sehen und es flogen Torten. Diese Bilder will man sich wohl ersparen. Dass dabei viele Kleinaktionäre außen vor bleiben, nimmt man gerne in Kauf. Dabei haben sie mehr Wertschätzung verdient. Immerhin sind sie oft die treuesten Anteilseigner der Firmen.
Andreas.Hoess@ovb.net