Chaos an der US-Grenze

von Redaktion

Einwanderung: Kritik an Biden wächst, auch bei den Demokraten

Washington – Es ist einer der denkwürdigsten Pressetermine im Weißen Haus, seit Joe Biden US-Präsident ist. Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas steht vor den Reportern und konstatiert mit todernster Miene: „Unsere Grenze ist nicht offen.“ Zur gleichen Zeit lassen Fernsehsender Live-Bilder laufen wie aus dem texanischen Brownsville. Sie zeigen, wie Hunderte von Migranten ungehindert durch den Rio Grande in die USA waten. Für die Regierung ist offenbar nicht wahr, was nicht wahr sein darf.

Immerhin: Als Journalisten am Donnerstag dem Präsidenten bei einem Auftritt einige Fragen zurufen, entscheidet sich Biden – vermutlich zum Entsetzen seiner Berater – spontan zu Antworten. Das Interessante ist, dass der Demokrat mit Blick auf die eskalierende Grenzkrise erstmals den Begriff „Chaos“ benutzt – und damit indirekt einräumt, dass sein Konzept einer geordneten Einwanderungspolitik gescheitert ist.

Die Statistiken lassen sich nicht wegdiskutieren: Seit dem Auszug von Donald Trump aus dem Oval Office hat sich die Zahl der jährlich illegal ins Land gekommenen Einwanderer verfünffacht. Allein am Donnerstag erfasste der Grenzschutz rund 19 000 Migranten, die ohne Papiere die Grenze überschritten – eine Rekordzahl.

Der Zustrom aus Mittel- und Südamerika wird sich noch verstärken. In der Nacht zu Freitag lief die „Title 42“-Regelung aus, die Biden seit Langem abschaffen wollte, aber dies aufgrund von Gerichtsurteilen nicht durfte. Sie ermöglichte es dem Grenzschutz, die meisten illegal ins Land gekommenen Migranten unter Verweis auf die Corona-Pandemie schnell abzuschieben.

Seit 2020 wurden so fast drei Millionen Migranten deportiert, meist nach Mexiko, viele kamen jedoch Tage später über die „grüne Grenze“ wieder in die USA. Nun haben Bidens Grenz-Cops die „Title 42“-Option nicht mehr, das hat sich natürlich herumgesprochen. In Lagern entlang der Grenze warten schätzungsweise rund 200 000 Migranten darauf, die kurze Strecke in die USA zurückzulegen.

Der Ansturm ist so überwältigend, dass aufgrund einer internen Anordnung Migranten, wenn sie sich stellen oder festgenommen werden, nicht mehr auf Vorstrafen überprüft werden. Einige werden vom Grenzschutz auf freien Fuß gesetzt, nachdem sie versprechen mussten, sich in 90 Tagen bei einem Einwanderungsamt einzufinden, wo über ihr Bleiberecht entschieden werden soll. Erfahrungen zeigen, dass die Migranten lieber untertauchen.

Kritik an Bidens Politik kommt mittlerweile auch von Demokraten. Wie dem New Yorker Bürgermeister Eric Adams, bei dem auch ein Teil der illegalen Einwanderer landet. Adams will jetzt das gut 1000 Betten umfassende historische „Roosevelt Hotel“ im Herzen Manhattans für die Unterbringung nutzen. Sein Plan, hunderte Migranten mit Bussen in den Norden des Bundesstaates zu schicken, scheint jedoch vorerst gescheitert. Die von Adams anvisierten, meist von Demokraten regierten Städte erwirkten Verfügungen dagegen. FRIEDEMANN DIEDERICHS

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