VON GEORG ANASTASIADIS
Die Grünen sparen selten mit Lektionen für die Bürger; in Bremen hat der Souverän den Spieß jetzt umgedreht: Ein Drittel der Stimmen für die Ökopartei ist weg, ebenso die Spitzenkandidatin und wenn’s dumm läuft, auch die Regierungsbeteiligung. Die „Verwandtenaffäre“ in Robert Habecks Klimaministerium hat die Wähler irritiert, doch noch verheerender war der arrogante Umgang der Partei mit den Filzvorwürfen: Statt Verantwortung für den Skandal zu übernehmen, jammerten führende Grüne über einen angeblichen Feldzug von Medien und anderen Parteien gegen grüne Klimaschutzpolitik bei der Wärmewende. Und statt seinen allzu familiären Staatssekretär Graichen hochkant aus seinem Ministerium zu werfen, schwurbelte Habeck von einem „Fehler“, dessen „Substanz habe korrigiert werden können“. Wie bitte?
Verfehlungen gibt es in allen Parteien. Doch dass ausgerechnet die Grünen, die die moralische Messlatte für andere gerne höher legen, in eigener Sache so nassforsch über Fehler hinweggehen zu können glaub(t)en, hat sie in den Augen vieler zu einer stinknormalen Partei gemacht, für die dieselben Gesetze der Schwerkraft gelten wie für alle anderen. Der quasi-religiöse Nimbus der Klimaretter ist dahin. Der nächste Fehler wäre jetzt zu glauben, dass es mit einem Bremer Bauernopfer getan wäre. Auch Habeck wird um Konsequenzen in seinem Ministerium nicht herumkommen. Auch für seine geplante Kanzlerkandidatur wäre es besser gewesen, er hätte sie früher gezogen.
So könnte die SPD das Ende des grünen Aufstiegs nutzen, um sich aus der Umklammerung durch die Grünen zu lösen, und ihr Profil als linke Volkspartei schärfen, die bei allen Klimasorgen die kleinen Leute nicht vergisst. Eine Große Koalition mit der CDU, diesmal unter Führung der SPD, ist, nach Berlin, nun auch in Bremen möglich. Den Segen des Kanzlers hätte sie wohl – auch mit Blick auf die nächste Bundestagswahl.
Georg.Anastasiadis@ovb.net