Ein solcher Satz wäre dem ehemaligen ukrainischen Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, nie über die Lippen gekommen: „Auf Deutschland ist Verlass“, hat Wolodymyr Selenskyj nach seinem Besuch in Berlin festgestellt. Damit goutierte der ukrainische Präsident, wie weit sich Olaf Scholz und die Bundesregierung nach anfänglichem Zögern bewegt haben. Nie reizten sie Wladimir Putin durch martialische Rhetorik, aber immer machten sie deutlich, auf welcher Seite sie standen. Mit dieser bedächtigen, vorsichtigen, aber letztlich klaren Strategie dürfte Scholz vielen Deutschen aus der Seele sprechen.
Womöglich hat Selenskyj gerade auch diese Verlässlichkeit zu schätzen gelernt. Natürlich fand er in allen europäischen Hauptstädten in diesen Tagen warme Worte. Aber die seltsamen Aussagen von Emmanuel Macron nach seiner China-Reise, Frankreich sei „kein Vasall der USA“, dürften auch in Kiew etwas irritiert aufgenommen worden sein. Auch aus London hörte man zuletzt mal wieder Kurioses in bester Johnson-Manier. Der konservative britische Abgeordnete und Ex-Minister Jacob Rees-Mogg behauptete, der Brexit habe einen raschen Sieg Russlands verhindert – weil Großbritannien jetzt die „globale Führung in Sachen Ukraine“ übernehme.
Da lobt man sich dann doch Scholz’sche Zurückhaltung.
Mike.Schier@ovb.net