Bremer Grüne geben Bund die Schuld

von Redaktion

VON MARTINA HERZOG UND FRIEDEMANN KOHLER

Bremen – Die Strategie der Grünen im Bund am Tag nach dem Bremen-Desaster ist sonnenklar: Schadensbegrenzung, die Wahlschlappe als Problem der Bremer Grünen beschreiben. „Maßgeblich sind es Bremer Gründe, die dazu geführt haben, dass wir enttäuscht sind“, sagt Parteichef Omid Nouripour am Montag in Berlin. Auch wenn der berühmte politische „Rückenwind“ von der Bundesebene ausgeblieben sei, wie er gesteht. Es sei ja auch in Schleswig-Holstein gewählt worden, und dort seien die Ergebnisse für die Grünen, die sich auf 17,7 Prozent verbessern konnten, „mehr als passabel“ gewesen. Im Gegensatz zu den nach der jüngsten Hochrechnung nur 12,0 Prozent im Land Bremen.

Zum Beleg verweist Nouripour auf eine Umfrage, wonach für 78 Prozent der Wähler die Politik im Land ausschlaggebend war, nur für 19 Prozent war es der Bund. Die Forschungsgruppe Wahlen hat das bei Befragungen von Wählern und Wahlberechtigten herausgefunden.

Die Analyse der gescheiterten Bremer Grünen-Spitzenkandidatin Maike Schaefer fällt merklich anders aus als Nouripours. Zwar kündigt die 51-jährige Biologin ihren Rückzug an, Einsicht in eigene Fehler gibt es aber nicht, stattdessen eher Kritik Richtung Berlin. „Es ist auch eindeutig so, dass es keinen Rückenwind, sondern eher starken Gegenwind auf Bundesebene für die Grünen gab. Ich will nur das Thema Wärmepumpe einmal erwähnen“, sagt die Umweltsenatorin.

Komplett von der Hand zu weisen ist das angesichts der Probleme rund um den Heizungstausch und der Personalpolitik von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nicht. Der hält mit großer Vehemenz an seinem wichtigsten Staatssekretär Patrick Graichen (Grüne) fest, nachdem der am Auswahlprozess seines Trauzeugen für den Spitzenjob bei der Deutschen Energie-Agentur (Dena) beteiligt war. Der Fehler ist öffentlich benannt, das Verfahren neu aufgerollt. Damit sei der Fehltritt „geheilt“, sagt Habeck.

Ob das Vertrauen der Menschen in Habeck damit „geheilt“ ist, ist eine andere Frage. Seine Partei und er verlangen von den Bürgern mit dem Heizungstausch einiges für den Klimaschutz. Dafür gibt es Gründe, darunter großen Aufholbedarf beim Thema Klimaschutz, soziale Absicherung soll es auch geben – aber das Thema sorgt für Verunsicherung, und Habecks Image als vertrauenswürdiger Politiker ist derzeit arg ramponiert. Selbst in der eigenen Partei halten längst nicht alle das trotzige Festhalten an Graichen für clever.

Doch auch die Bremer Grünen haben Fehler gemacht – genug, um in Bremen mit seinem linksalternativen Milieu abzustürzen. Die Probleme der Senatorin Schaefer mit dem Megaressort Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau reichen tief. In der Stadtgesellschaft sorgten unverständliche Verkehrsversuche an Straßen und Radwegen für Unmut. Der erhofften autofreien Innenstadt kam man nicht näher.

Die grüne Politik sei oft nicht gut genug erklärt worden, gesteht Landeschef Florian Pfeffer ein. „Wir schaffen es nicht zu erklären, wie Menschen das in ihrem Alltag tun können. Und diese Verunsicherung führt dann dazu, dass Leute im Wahllokal auch sagen: Weiß ich jetzt nicht genau, mach ich mein Kreuz vielleicht woanders.“ Ricarda Lang, Grünen-Co-Chefin im Bund, betont, man werde an Kernprojekten wie der Klimaneutralität festhalten. Die Partei müsse aber besser darin werden, diese Themen mit dem „materiellen Kern der sozialen Sicherheit zu verbinden“, sagt sie.

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