Merkel erhält den Bayerischen Verdienstorden

von Redaktion

Die wechselhafte Beziehung der Alt-Kanzlerin zum Freistaat nimmt eine versöhnliche Wendung

München – Es gibt Momente, die sich ins politische Bewusstsein eingefressen haben: 20. November 2015, CSU-Parteitag in München. Angela Merkel hat gesprochen, dann kommt Horst Seehofer auf die Bühne. Eigentlich soll der CSU-Chef der Bundeskanzlerin nur einen Blumenstrauß überreichen. Parteitagsroutine. Doch er muss ihr nun doch kurz widersprechen – das Thema Flüchtlinge ist einfach zu drängend. „Abschottung und Nichtstun ist keine Lösung im 21. Jahrhundert“, hat Merkel erklärt. Die CSU sieht das fundamental anders. Seehofer redet und redet. 13 Minuten lang. Merkel steht mit versteinerter Miene daneben. Den Blumenstrauß, den ihr Seehofer dann doch noch in die Hand drückt, wird sie schnell wieder los, ehe sie durch dem Seiteneingang aus der Halle stürmt.

Damals hätte wohl keiner gedacht, wie sich die Dinge einmal wenden würden. Am 21. Juni wird Angela Merkel den Bayerischen Verdienstorden bekommen, bestätigt die Staatskanzlei entsprechende Informationen unserer Zeitung. Sie bekommt ihn in der Münchner Residenz aus den Händen des CSU-Vorsitzenden Markus Söder. Jenes Markus Söder, der im Landtagswahlkampf 2018 beschlossen hatte, auf Merkel als Wahlkämpferin zu verzichten.

Heute sagt ein Sprecher der Staatskanzlei: „Angela Merkel erhält den Bayerischen Verdienstorden für ihren Einsatz zum Wohl des bayerischen Volkes in einer Zeit, die von nahezu nie gekanntem Ausmaß internationaler Krisen geprägt war: zum Beispiel die Finanzkrise, Eurokrise und Corona-Pandemie, die größte Herausforderung der letzten Jahrzehnte. Ebenso war und ist sie als erste Bundeskanzlerin in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ein Vorbild für Gleichberechtigung – sie hat dadurch vielen Frauen einen bedeutenden Weg in Politik und Gesellschaft gewiesen.“

Über das Verhältnis der Bayern, allen voran aber der CSU, zu Merkel ließen sich ganze Bücher füllen. Man denke an das Wolfratshauser Frühstück in der Küche der Familie Stoiber am 11. Januar 2002. Sie überließ Edmund Stoiber die (letztlich erfolglose) Kandidatur, ehe sie ab 2005 dann eine ganze Ära der deutschen Nachkriegsgeschichte prägte. Die Beziehung der beiden galt lange als schwierig. Nicht anders war es mit Horst Seehofer, der – noch so eine Wendung des Schicksals – dann unter Merkel als Bundesinnenminister seine Karriere beendete. Zeitgleich mit ihr.

Oder eben das Verhältnis zu Söder. Ebenfalls wechselhaft. Doch zum Ende ihrer Amtszeit hatten beide ein erstaunlich gutes Miteinander. Vor allem während Corona sorgte das Tandem unter Berufung auf Virologen für einen strikten Pandemie-Kurs. Schon vorher gab es die große Versöhnungsshow: beim gemeinsamen Schifferl- und Kutschenfahren am Chiemsee – noch so ein Tag fürs kollektive Gedächtnis.

Nun bekommt Merkel auch noch einen Preis. Den nächsten. Schon vor einigen Wochen wurde ihr von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Großkreuz in besonderer Ausführung überreicht – der höchste deutsche Orden für persönliche Leistungen. Angesichts der Russland- und Energiepolitik Merkels gab es daran viel Kritik. Und heute erhält die Alt-Kanzlerin in Köln den NRW-Staatspreis, die höchste Auszeichnung Nordrhein-Westfalens.

Ausnahmsweise waren andere also schneller als Markus Söder.  mik/cd

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