Graichen-Abgang

Habecks Fehleinschätzungen

von Redaktion

VON SEBASTIAN HORSCH

Nun also doch. Nachdem Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eine Woche zuvor noch pathetisch bekräftigt hatte, keinen „Menschen zu opfern, um dieser Kampagne nachzugeben“, hat er seinen Staatssekretär Patrick Graichen jetzt fallen gelassen. Fördermittel für eine Organisation, in deren Vorstand Graichens Schwester sitzt, seien „der eine Fehler zu viel“ gewesen. Die krachende Grünen-Wahlniederlage in Bremen könnte den Nachdenkprozess noch etwas beschleunigt haben.

Graichen gehen zu lassen, ist natürlich eine richtige Entscheidung. Wenn aus der Regierung heraus Posten oder Fördergelder ohne ausreichende Transparenz in den Familien- und Freundeskreis gehen, ist das auch dann nicht in Ordnung, wenn man sich dabei selbst auf der richtigen Seite wähnt. Nur kommt diese Erkenntnis viel zu spät. Und die fast schon larmoyant wirkende Art, in der Habeck danach Anfeindungen und Falschbehauptungen im Internet in den Vordergrund stellt, als seien es allein die Grünen, die damit zu kämpfen haben (man frage einmal den Unionskanzlerkandidaten Armin Lasche), weckt Zweifel, ob er den Kern des Problems tatsächlich erkannt hat – oder sich nur dem Druck beugt.

Es ist nicht das erste Mal, dass Habeck die Lage falsch einschätzt. Auch beim Streit um die Gasumlage brauchte er länger, bis er seinen Fehler erkannte. Und beim federführend von Graichen ausgetüftelten Heizungsgesetz türmen sich die Fragezeichen nur so auf. Die dicksten: Wer soll’s bezahlen? Wer soll’s einbauen? Kann der Wirtschaftsminister keine pragmatischen Antworten liefern, droht er auch hier an der Realität zu scheitern.

Sebastian.Horsch@ovb.net

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