Das böse Wort vom Wortbruch

von Redaktion

VON MARC BEYER

München – Als erste prominente Vertreterin der Grünen tritt am Mittag Britta Haßelmann vor die Mikrofone. Die Fraktionschefin will ihre Botschaft unmissverständlich rüberbringen, deshalb wiederholt sie die für sie entscheidende Vokabel mehrfach: „Arbeitsverweigerung.“ Kurz zuvor ist durchgesickert, dass das umstrittene Heizungsgesetz in dieser Woche nicht mehr zur ersten Lesung in den Bundestag kommen wird. Grund ist der erbitterte Widerstand des Koalitionspartners FDP – Haßelmann nennt es „Blockadehaltung“ –, mit dem speziell die Grünen seit Wochen um eine Lösung ringen.

Einen harmonischen Eindruck hat die Ampel zuletzt selten gemacht, das dürfte so bald auch nicht besser werden. Als Robert Habeck wenig später auf die Verzögerung angesprochen wird, ist der Ton noch etwas schärfer. Der Wirtschaftsminister beklagt unverhohlen einen „Wortbruch“ der Liberalen und verweist auf die Sitzung des Koalitionsausschusses Ende März, als man vereinbart habe, den Prozess bis zur Sommerpause abzuschließen. Er nehme zur Kenntnis, sagt Habeck spitz, „dass die FDP sich nicht an das gegebene Wort hält“.

Üüberraschend kommt die Eskalation nicht mehr. Die Einwände der FDP gegen das Gesetz sind umfassend, ohne dass es in den vergangenen Wochen eine nennenswerte Annäherung gegeben hätte. Zuletzt hieß es von den Grünen, es gehe den Liberalen gar nicht um Inhalte, man wolle vielmehr auf Kosten des Partners das eigene Profil schärfen. Die Freidemokraten wiederum murrten, in grün-geführten Ministerien häuften sich die handwerklichen Mängel, so auch beim Gebäudeenergiegesetz.

Aus dem FDP-Präsidium heißt es, es sei „erstaunlich, dass die Grünen einen Gesetzentwurf, der bei Praktikern und Experten durchfällt, einfach weiter durchziehen wollen“. Fraktionschef Christian Dürr argumentiert, wichtig sei, dass das Gesetz „sorgfältig ausgearbeitet“ werde. Erst danach könne man das parlamentarische Verfahren starten. Ausdrücklich widerspricht er Haßelmanns Darstellung, das Kabinett habe das Gesetz vor Wochen einstimmig beschlossen. Die FDP-Minister hätten „inhaltlich nicht zugestimmt“ und klar Bedenken formuliert.

Der Bundestagskalender lässt nun nicht mehr viel Spielraum. Die Sommerpause beginnt am 7. Juli, bis dahin sind noch drei Sitzungswochen angesetzt. „Mit gutem Willen“ könne man das Gesetz trotzdem noch beschließen, sagt zwar die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Katja Mast. Habeck klingt weniger optimistisch: „Das wird jetzt nicht mehr möglich sein.“

Wie es um den Willen bestellt ist, das ist an diesem Tag ohnehin nicht so klar. Die Grünen-Fraktion droht nun ihrerseits damit, Projekte auszubremsen, die der FDP wichtig sind und die ebenfalls bis zur Sommerpause besiegelt werden sollten. Im Koalitionsausschuss habe man sich auf ein Gesamtpaket verständigt, erinnert Haßelmann. Es sei „bedauerlich, dass das Gesetz über Planungsbeschleunigung nicht abgeschlossen werden kann“. Der schnellere Ausbau bestimmter Autobahnen ist ebenso ein Anliegen der Liberalen wie die Novelle des Klimaschutzgesetzes. Das könne sich nun ziehen, deutet sie an: „Die Verantwortung liegt bei der FDP.“

Gleichzeitig droht neuer Ärger. Am Dienstabend wird ein weiterer Habeck-Gesetzentwurf bekannt, wonach der Staat umfangreiche Dokumentationen einfordere, welches Haus wie viel Strom und Wärme verbraucht – über drei Jahre rückblickend.

Die Opposition reagiert mit deutlichen Worten. Der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagt: „Die Ampel ist stehend k. o.“ Auf Antrag der Union wird es noch diese Woche eine Aktuelle Stunde geben. So kommt das Gebäudeenergiegesetz doch noch zeitnah in den Bundestag. Nur anders als gedacht.

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