Er will es mit Trump aufnehmen

von Redaktion

VON MARCUS MÄCKLER

München – Ein Mann an einem kleinen, antiken Tisch, ein offener Becher Pudding, aber kein Löffel. Also schaufelt er sich den braunen Glibber mit den Fingern in den Mund, einmal, zweimal, dreimal. Ziemlich eklig das Ganze, und das soll es auch sein. „Ron DeSantis liebt es, seine Finger dorthin zu stecken, wo sie nicht hingehören“, dröhnt es im Hintergrund. „Und wir reden nicht nur über Pudding.“

Der Wahlkampfclip, erst wenige Wochen alt, spielt auf ein Gerücht an, das man sich über Floridas Gouverneur DeSantis erzählt. Er soll mal einen Nachtisch auf diese Art verdrückt haben, weil gerade kein Löffel zur Hand war. Das Video zählt dann all die Horrovorhaben auf, mit denen ein Präsident DeSantis die Amerikaner angeblich knechten würde – es ist eine einzige Bosheit. Wichtig: Sie kommt nicht etwa von der Konkurrenz, sondern von einem Parteifreund, Donald Trump.

Das ist kein Zufall. Der 76-Jährige hat früh erkannt, dass DeSantis der einzige parteiinterne Konkurrent ist, der ihm im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur wirklich gefährlich werden kann. Seit Wochen überzieht er den 44-Jährigen deshalb mit Spott. Was er damit nicht geschafft hat: DeSantis von seinen Plänen abzubringen. Der reichte gestern offiziell seine Bewerbung ein. Verkünden wollte er sie anschließend in dem Medium, das Trump so spektakulär verbannte: Twitter.

DeSantis gilt als Hoffnung vor allem jener Republikaner, denen Trump insgeheim zu peinlich ist. Stramm konservativ, ein Anti-Woke-Kämpfer, dabei aber nicht prollig. „Trump mit Hirn“, so nennen ihn die, die es gut mit ihm meinen. Liberale sagen: Gerade sein Grips mache ihn gefährlicher als Trump.

Er und der Ex-Präsident haben eine wechselvolle Geschichte. Ohne Trumps Unterstützung hätte es DeSantis womöglich nie zum Gouverneur gebracht. Spätestens seit den Zwischenwahlen im vergangenen Jahr ist es aber aus mit der Freundschaft: Die meisten Trump-nahen Kandidaten fuhren Niederlagen ein, während Floridas Gouverneur einen Erdrutschsieg feierte. Plötzlich lag er auch in internen Umfragen vor Trump, ein Generationenwechsel schien sich abzuzeichnen.

Trump rumpelte los, DeSantis aber ging die Sache strategisch an. Er veröffentlichte ein Buch, verzichtete auf niveaulose Attacken. Mit dem Satz, in seiner Regierung gebe es „kein tägliches Drama“, erlaubte sich DeSantis nur einen echten Seitenhieb auf Trump.

All das darf nicht täuschen. Dass sein Amerika kein liberales wäre, zeigt der Mann mit italienischen Wurzeln daheim in Florida, wo er eine ultrakonservative Reform nach der anderen durchdrückt. Er verschärfte das Abtreibungsrecht, lockerte das Waffenrecht, erleichterte Todesurteile und untersagte, dass an den Schulen über sexuelle Orientierung oder Geschlechter-identität gesprochen wird. In den USA ist vom „Sag’ nicht schwul“-Gesetz die Rede. Der Ärger darum fällt DeSantis gerade auf die Füße.

Als der Disney-Konzern das Gesetz offen kritisierte, ließ der Gouverneur seinen Ärger an „Disney World“ aus und entzog dem Freizeitpark in Orlando die Selbstverwaltung. Der Streit ist inzwischen vor Gericht, Disney hat sogar eine Milliarden-Investition in Florida gestrichen. Bei aller Sympathie für DeSantis’ Anti-Woke-Kampf kommt das bei vielen Republikanern nicht gut an. Trump spielt genüsslich mit der Bredouille. DeSantis, spöttelte er kürzlich, werde von dem Unterhaltungsriesen „absolut zerstört“.

Darin steckt ein Fünkchen Wahrheit: Die Zustimmung unter den Republikanern für DeSantis geht zurück, Trump liegt wieder weit in Führung. Im Vorwahlkampf habe der Ex-Präsident derzeit die besten Karten, sagt USA-Experte Josef Braml unserer Zeitung. „Trump mag nicht der stärkste Kandidat sein, aber seine Beliebtheit beim harten Kern der republikanischen Wähler ermöglicht es ihm, jedem anderen Kandidaten den politischen Garaus zu machen.“

Abgeschrieben ist DeSantis deshalb nicht – und falls es doch nicht nach Plan läuft, kann er sich zumindest auf seine Fans aus Bayern verlassen: Kürzlich reiste eine CSU-Delegation zu dem Hardliner, mit dabei: Florian Hahn, Dorothee Bär und Andreas Scheuer. Hinterher hagelte es Kritik, Scheuer störte das nicht. Er teile DeSantis’ Analysen, sagte er. „Das mag einige schockieren. Aber dazu stehe ich.“

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