Die Bundesregierung konnte nicht anders, als auf die massenhafte Ausweisung deutscher Diplomaten, aber auch von Kulturvermittlern entsprechend zu antworten. Zumal bei der Schließung des Großteils der russischen Generalkonsulate dazu kommt, dass sie unter Wladimir Putin immer mehr von Diplomaten- zu Spionage-Nestern ausgebaut wurden, von denen aus Hacker-Angriffe und sogar Morde gesteuert wurden wie 2019 im Berliner Tiergarten. Klar, Botschaften dienen immer auch der Spionage – aber Russland hält sich längst nicht mehr an das Wiener Übereinkommen, wonach Mitarbeiter von Nachrichtendiensten offiziell angemeldet werden.
Die gegenseitige Diplomaten-Vertreibung ist ein Spiegel des durch den Angriff auf die Ukraine weitgehend zerstörten Verhältnisses zwischen Berlin und Moskau. Aber über diese rein politische Komponente hinaus geht es hier auch um ein gesellschaftliches Drama. Denn unter Gorbatschow, Kohl und (ja, auch) Schröder gab es eine regelrechte deutsch-russische Euphorie, in der viele Deutsche sich für die russische Sprache und Kultur begeistern lernten – und viele Russen unsere offene Gesellschaft als ein Lebensmodell kennenlernten, das ihnen attraktiver erschien als die alte Sowjet-Tristesse. Putin aber will, dass seine Russen den Westen hassen, nicht, dass sie ihn verstehen lernen. Deshalb brandmarkt er seit 2012 Austausch-Organisationen als „ausländische Agenten“. Und deshalb weist er nun auch Goethe-Institut-Mitarbeiter aus – und mit ihnen die deutsche Kultur.
Klaus.Rimpel@ovb.net