VON KATHRIN BRAUN
Zerbombte Geburtskliniken, Angriffe auf Kindergärten, Hinrichtungen von Zivilisten auf offener Straße, das Massaker von Butscha. Die Liste der Kriegsverbrechen in der Ukraine ist bereits unerträglich. Kaum vorstellbar, dass der Krieg überhaupt noch eine „neue Dimension“ erreichen kann – so nannte Kanzler Olaf Scholz die Zerstörung des Kachowka-Staudamms. Zehntausende Menschen wurden vertrieben. Die Wasserversorgung fällt aus. Das betroffene Gebiet droht zur Wüstenlandschaft zu verkommen. Wer für so etwas verantwortlich ist, hat auch keinen Skrupel vor Angriffen auf Atomkraftwerke.
Präsident Selenskyj beschuldigt Russland, eine „Umweltbombe der Massenvernichtung“ gezündet zu haben. Moskau macht Kiew verantwortlich. Die Vermutung liegt nahe, dass Putin mit einem Angriff auf den Damm die Gegenoffensive der Ukraine verhindern wollte. Trotzdem kann es dauern, bis die Schuldfrage eindeutig geklärt ist. Die internationale Staatengemeinschaft kann sich aber schon jetzt darauf einstellen, dass es in diesem Krieg keine moralischen Grenzen gibt. Der Dammbruch schadet Menschen auf beiden Seiten. Etwa 68 Prozent des überschwemmten Gebiets sind von Moskau besetzt.
Die Chancen auf ein baldiges Ende des Krieges scheinen wieder ein Stück in die Ferne gerückt. Die Katastrophe dürfte die groß angekündigte Militäroffensive der Ukraine erschwert haben. Bleibt nur die Hoffnung, dass die Liste der Kriegsverbrechen nicht noch länger wird.
Kathrin.Braun@ovb.net