München – Nancy Faeser ist derzeit eine gefragte Gesprächspartnerin. Die SPD-Politikerin, die sich ja ganz nebenbei noch im Wahlkampf für die Landtagswahl in Hessen befindet, ist mit dem Asyl-Kompromiss in der EU in den Fokus gerückt. Kritik gibt an ihr gibt es aber auch – vor allem von Parteilinken und Grünen. Um denen entgegenzukommen, will die deutsche Ministerin noch einmal auf Nachbesserungen dringen. „Wir wollen jetzt zusammen mit dem Europäischen Parlament in den weiteren Verhandlungen dafür sorgen, dass Familien mit Kindern nicht ihr Asylverfahren an den Außengrenzen durchlaufen müssen, sondern gleich in die EU einreisen können“, sagte die Ministerin am Wochenende.
Dass sich noch viel ändert, ist eher unwahrscheinlich. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verteidigte den Kompromiss deshalb auch offensiv. Es müsse aufhören, dass Länder mit dem Finger auf andere zeigten und sich nicht zuständig fühlten, sagte Scholz beim Kirchentag in Nürnberg. So ähnlich hatte er sich bereits unter der Woche beim Staatsbesuch in Rom geäußert. „Deshalb ist die Verabredung, dass wir einen Solidaritätsmechanismus etablieren“, sagte Scholz. Polen und Ungarn hatten diesen Solidaritätsmechanismus abgelehnt, weil er sie verpflichtet, für jeden nicht aufgenommenen Flüchtling Ausgleichszahlungen zu leisten. Verhindern können sie die Regelung aber nicht. Scholz versprach zügigere Asylverfahren und mehr Digitalisierung bei den Abläufen. Man müsse es „fertigbringen“, jemanden zurückzuschicken, der nicht in Europa bleiben könne.
Unionspolitikern geht es bei Maßnahmen gegen die illegale Migration nicht schnell genug. CDU-Chef Friedrich Merz schrieb in einer Mail an seine Anhänger, mit dem EU-Asylkompromiss sei ein Anfang gemacht, aber: „Frühestens im Laufe des Jahres 2024 kann es an den Außengrenzen der EU Zentren für die Aufnahme und Registrierung von Asylbewerbern geben.“ EU-Mitgliedstaaten müssten Schutzvorkehrungen treffen, damit die Zahlen der Flüchtlinge heruntergingen, schrieb Merz. „Wenn der Schutz der Außengrenzen der EU bis auf Weiteres nicht hinreichend möglich ist, müssen die Binnengrenzen besser geschützt werden.“
Faeser wandte sich gegen Grenzkontrollen innerhalb der EU. „Ich will das Herzstück der Europäischen Union – offene Grenzen im Inneren – verteidigen.“ Es würde „uns um Jahrzehnte zurückwerfen, Schlagbäume wieder hochzuziehen“.