Fernwärme als Notausgang in Habecks Heiz-Gesetz

von Redaktion

Wenn ein Anschluss in Aussicht ist, soll das Öl- und Gas-Verbot vorerst nicht greifen – Kompromiss in Sicht

Berlin/München – Der Druck im Kessel steigt. Das heiß umkämpfte Heizungsgesetz der Bundesregierung wird hinter den Kulissen offenbar gerade erheblich umgebaut. Bis heute Mittag soll klar sein, ob es eine schnelle Einigung gibt. Die Anzeichen mehren sich, es sei aber noch nichts sicher, hieß es am frühen Montagabend von Unterhändlern.

Sich bis Dienstagmittag in der Ampel-Koalition zu einigen, hieße, das Gesetz noch diese Woche in die erste Lesung im Bundestag zu bringen. Es soll bereits ab Jahresbeginn 2024 greifen.

Allerdings in entschärfter Fassung: Drei große Korrekturen der ursprünglichen Pläne des grünen Klimaministers Robert Habeck zeichnen sich ab. Holz-Heizungen, also Pellets, sollen doch nicht geächtet werden; darauf deuten mehrere Äußerungen der letzten Tage hin. Womöglich werden Bestandsbauten von der Pflicht in einer ersten Phase ganz ausgenommen. Dann greifen die Pflichten, Heizungen mit erneuerbaren Stoffen zu betreiben, vorerst nur für Neubauten. Und: Es wird Ausnahmen geben in Vierteln, die bald an eine Fernwärmeleitung angeschlossen werden.

Dazu passt, dass Habeck und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) am Montag zu einem großen Fernwärmegipfel mit Verbänden einluden. Eine Festlegung in der Gipfel-Erklärung dürfte viele private Immobilienbesitzer besonders interessieren: Wer sich an ein geplantes Fernwärmenetz anschließen lassen will, „sollte von der Pflicht zum Einbau einer Heizung befreit werden, die die 65-Prozent-Vorgabe für Erneuerbare Energien erfüllt“. In solchen Fällen kann man die bisherige Gasheizung also weiter betreiben oder übergangsweise ein ähnliche einbauen. Details dazu gab es am Montag nicht, der neue Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes wird sie aber wohl enthalten. Die Vertreter des Treffens „haben bekräftigt, dass bis 2030 insgesamt die Hälfte der Wärme in den Netzen klimaneutral erzeugt werden soll“, sagte Habeck. 100 000 Gebäude jährlich sollten zusätzlich an Fernwärmenetze angeschlossen werden, erklärte Geywitz.

Fernwärme heißt so, weil das heiße Wasser aus zentralen Anlagen durch dicke Rohre – in Ostdeutschland sieht man sie öfter als im Westen – in die Gebäude geliefert wird; die Wärme entsteht nicht erst im Heizkessel im Keller. Eine positive Folge: Die Immobilienbesitzer brauchen sich nicht individuell die Köpfe über die Renovierung ihrer Heizungen zu zerbrechen. Sie müssen sich nur ans örtliche Fernwärmenetz anschließen lassen, falls vorhanden.

Da gibt es allerdings einiges zu tun. Knapp die Hälfte der Wohngebäude hat heute eine eigene Erdgas-, ein Viertel eine Ölheizung. Nur knapp ein Siebtel ist mit einem Fernwärmenetz verbunden. Und die Wärme in diesen Netzen stammt ebenfalls zu zwei Dritteln aus fossil befeuerten Kraftwerken.

Eine große heikle Frage steht dabei aber im Raum. Die zentralen Anlagen und Rohrleitungen sind teuer – sie lohnen sich nur, wenn sich möglichst viele Hauseigentümer und Firmen anschließen. Die Stadtwerke pochen deshalb auf einen Anschluss- und Nutzungszwang. Verbraucherschützer lehnen das ab. HANNES KOCH CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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