Was Asylbewerber bekommen

von Redaktion

VON KATHRIN BRAUN

München – Die EU verschärft ihre Asylregeln – und auch in Deutschland drängen Politiker darauf, die Asylpolitik zu überarbeiten. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) etwa fordert eine überparteiliche Kommission. Nicht nur er findet, dass man sich dabei auch die Sozialleistungen für Asylbewerber vornehmen müsse. Denn die, sagte er unserer Zeitung, seien „der zentrale Punkt, warum alle Asylbewerber quer durch Europa zu uns wollen“.

Tatsächlich ist Deutschland in Europa Migrations-Zielland Nummer eins – mit mehr als 220 000 wurden hier 2022 die meisten Asylanträge gestellt. Daran, dass Sozialleistungen für die Zahlen sorgen, gibt es aber Zweifel. „Wer aus seinem Heimatland flieht, trifft in der Regel zuerst die Entscheidung, in die EU einreisen – und nicht speziell nach Deutschland“, sagt Panu Poutvaara, Leiter des Ifo-Zentrums für Migrationsforschung.

Bei der Wahl des Landes spielten mehrere Faktoren eine Rolle. Die Rede ist von „Pull-Faktoren“, also Anreizen, die Menschen in ein Land ziehen. Stärkster Pull-Faktor seien die bestehenden Netzwerke, meint Poutvaara. „Meist will man dort leben, wo bereits Familie und Freunde eingewandert sind.“ Auch Sprachkenntnisse und der Arbeitsmarkt seien entscheidend.

Wie hoch die Sozialleistungen sind, hängt vom Aufenthaltsstatus ab. Asylsuchende – also Ausländer im laufenden Asylverfahren oder nach Ablehnung eines Antrags – bekommen Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz (siehe Tabelle, rechte Spalte): Alleinstehende erhalten 410 Euro im Monat, Lebenspartner 369 Euro. „Den Großteil machen allerdings Sachleistungen aus“, sagt Poutvaara. „Von den 410 Euro für Alleinstehende etwa werden 228 Euro in Form von Unterkunft und Verpflegung ausgezahlt. Die restlichen 182 Euro bekommt man dann als Taschengeld, etwa für U-Bahn-Tickets.“

Für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte – also Menschen, denen in ihrem Heimatland ein ernsthafter Schaden droht – gibt es höhere Sätze. Sie erhalten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II oder dem Sozialgesetzbuch XII (Tabelle, linke Spalte). Für Alleinstehende gibt es insgesamt 502 Euro, für Partner 451 Euro. Darüber hinaus kann es auch weitere Leistungen wie etwa Wohngeld, Ausbildungsförderung oder Kindergeld geben.

Sozialleistungen würden zwar auch Anreize schaffen – doch sollte der Effekt nicht überschätzt werden, meint Poutvaara. „Klar: Wenn man die Euro-Sätze miteinander vergleicht, dann bekommt man in Deutschland mehr als in vielen anderen Ländern. Allerdings sind die Lebenshaltungskosten hier auch um einiges höher als zum Beispiel in Polen oder Rumänien.“

Schaut man in Nachbarländer mit ähnlichen Lebenshaltungskosten, sind die Sozialhilfen durchaus vergleichbar: In Frankreich bekommen Asylsuchende pauschal 6,80 Euro pro Tag; dazu kommen 7,40 Euro für Personen, die nicht in einer staatliche Unterkunft untergebracht werden konnten. Für sie macht das monatlich gut 420 Euro, etwas mehr als hierzulande.

In Österreich beträgt der Höchstsatz für Asylsuchende in einer Unterkunft 19 Euro pro Tag. Das Geld geht direkt an den Quartiergeber. Dazu bekommen die Bewohner ein Taschengeld von 40 Euro im Monat. Wer sich selbst eine Unterkunft organisiert, bekommt 200 Euro im Monat für Verpflegung, 120 Euro für Miete. Für Familien ist die Unterstützung für die Miete mit 240 Euro gedeckelt; eine fünfköpfige Familie mit drei minderjährigen Kindern muss demnach mit 910 Euro monatlich auskommen. Jährlich kommen Hilfen für Schulbedarf oder Kleidung dazu.

In Belgien bekommen Asylsuchende weitgehend materielle Unterstützung. Ausnahme: ein Taschengeld in Höhe von 9,50 Euro pro Woche. Wer in einer Unterkunft lebt, in der sich die Bewohner selbst mit Essen versorgen müssen, bekommt zusätzlich bis 280 Euro pro Monat. Die Behörden kümmern sich um Kleidung oder Schulkosten.

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