Johnson verfolgt seinen Nachfolger

von Redaktion

VON CHRISTOPH MEYER UND BENEDIKT VON IMHOFF

London – Der britische Premierminister Rishi Sunak wird seinen konservativen Intimfeind Boris Johnson einfach nicht los. Egal, welche Themen sich Sunak vornimmt – die Rede kommt immer wieder auf den skandalumwitterten Ex-Regierungschef. Die Zeitung „Guardian“ kommentierte jüngst: „Johnsons Vermächtnis verfolgt Sunak.“

Am Montag stand der Ex-Premier einmal mehr im Fokus. Ausgerechnet an seinem 59. Geburtstag wollte das Unterhaus in London über den vernichtenden Bericht eines Ausschusses zur „Partygate“-Affäre diskutieren. Dessen Schlussfolgerung: Der damalige Premier Johnson hat das Unterhaus in dem Skandal um Lockdown-Feiern in der Downing Street wiederholt belogen. Als Antwort beschimpfte Johnson lautstark die Mitglieder des Ausschusses. Sunak schweigt dazu.

Johnson selbst verbringt den Tag laut „Sunday Times“ mit Familie und Freunden auf seinem Anwesen in Oxfordshire, das er kürzlich für mehrere Millionen erwarb. „Ironischerweise ist er der Letzte, der zu einer Party einladen würde“, zitierte das Blatt einen „engen Freund“.

Für das Geburtstagskind schließ sich aber ein Kreis. Denn Johnsons Geburtstag vor drei Jahren stellte sich als schicksalhaft heraus. Weil er sich trotz Kontaktbeschränkungen mit Kuchen feiern ließ, erhielt er von der Polizei später eine Geldstrafe – als erster amtierender Premier der britischen Geschichte. Und das war kein Einzelfall: In den Regierungsgebäuden wurde gezecht und gefeiert, während das Land im Lockdown verharrte.

Als Bilder und Berichte an die Öffentlichkeit kamen, stritt Johnson alles ab. Alle Regeln seien befolgt worden. Als das nicht mehr zu halten war, gab er an, nichts von den Feiern mitbekommen zu haben. Als schließlich klar wurde, dass Johnson selbst mitgefeiert hatte, erklärte er, er habe nicht gemerkt, dass es sich um illegale Feiern handelte. Der Ausschuss nahm ihm nichts davon ab.

Bei der Debatte ging es nun darum, ob sich das Parlament das Untersuchungsergebnis zu eigen macht und Sanktionen gegen Johnson verhängt. Einer empfohlenen Suspendierung von 90 Tagen kam Johnson zuvor, indem er sein Mandat niederlegte. Ihm droht jedoch noch der Entzug seines Parlamentsausweises.

Johnson hatte den Ausschuss zuvor als „Willkürgericht“ geschmäht. Er sieht in der Untersuchung eine Hexenjagd von Brexit-Gegnern und persönlichen Feinden. Zu dem Untersuchungsergebnis sagte er: „Das ist Müll. Es ist eine Lüge.“

Fraglich blieb am Abend, ob das Unterhaus tatsächlich abstimmen oder den Bericht ohne Votum durchwinken würde. Nur wenige Johnson-Vertraute verteidigten den Ex-Premier während der Debatte. Johnson hatte seine Leute zurückgepfiffen – wohl auch, weil sich eine deutliche Mehrheit gegen ihn abzeichnete. Viele Tory-Abgeordnete, darunter Johnsons Nachfolgerin Liz Truss, kreuzten gar nicht erst im House of Commons auf. Andere warben offen um Zustimmung. Dies wäre „ein kleiner, aber wichtiger Schritt, das Vertrauen der Menschen in die Abgeordneten wiederherzustellen“, sagte Johnsons Vorgängerin Theresa May.

Sunak selbst verpasste die Debatte. Der Regierungschef empfing zur gleichen Zeit den schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson. Wie er im Falle eines Votums abstimmen würde, ließ Sunak auf mehrfache Nachfragen offen. So saß die für Parlamentsfragen zuständige Ministerin Penny Mordaunt fast alleine auf der Regierungsbank. Beobachter sprachen von einem peinlichen Eindruck für Sunak, der zu seinem Amtsantritt mehr Integrität versprochen hatte. Zugleich ist Johnson laut Umfragen bei den konservativen Wählern noch immer beliebter als Sunak.

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