VON GEORG ANASTASIADIS
Bei „Anne Will“ überraschte Vizekanzler Robert Habeck jetzt mit dem freimütigen Geständnis, er sei „nicht zufrieden“ mit der Arbeit seiner Ampelregierung. Wer ist das schon, möchte man dem grünen Klimaminister mit dem traurigen Hundeblick da tröstend zurufen! Und hinzufügen: Egal, wie groß das Ampel-Chaos sein mag – es wird noch übertroffen von der CDU-Opposition. Die steht lichterloh in Flammen, seit NRW-Chef Hendrik Wüst seinen Parteichef Friedrich Merz des Populismus beschuldigte und sich prompt den Merz-Konter einfing, in NRW sei die CDU ebenso erfolglos im Kampf gegen die AfD wie im Bund.
Man kann die harte Retourkutsche von Merz unsouverän finden. Aber das Pingpong an Bezichtigungen zeigt, wie unversöhnlich sich bis heute das Merkel- und das Merz-Lager gegenüberstehen. Merz hat in der Bevölkerung ein Akzeptanzproblem, doch ebenso wenig wünschen sich die meisten Unionswähler die überall krachend gescheiterte Merkel-Politik zurück, die Wüst so prima findet. Egal wer Kanzlerkandidat wird: Zerrissen und ohne klaren Kurs können CDU und CSU ihr Wählerpotenzial nicht ausschöpfen.
Unaufhörlich kreist die Union um zwei Gretchenfragen: Wie halten wir’s mit Merkel (CSU-Chef Söder verleiht ihr diese Woche den Verdienstorden) – und wie mit der AfD? Ein Blick nach Italien wäre lohnend. Dort hat es die rechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni mit einem klar prowestlichen Kurs geschafft, die Putin-Kumpel Salvini und Berlusconi auszustechen. Gerade die angeblichen „Patrioten“ von der AfD haben sich (zum Unmut vieler Konservativer in der Partei, vor allem im Westen) wie keine andere europäische Partei dem Mörder Putin an den Hals geworfen und sich so in eine strategische Falle begeben. Der Vorwurf des „Verrats“, mit dem die AfD andere Parteien schmäht, fällt in Wahrheit auf sie selbst zurück. Man müsste die AfD in der Russland-Politik klar stellen, statt sich aus Angst vor Höcke & Co. wegzuducken.
Georg.Anastasiadis@ovb.net