München/Berlin – Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat zu einer Bund-Länder-Besprechung geladen. Thema: Clankriminalität. Doch der betroffene Innenminister aus Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul, (CDU) hat noch vor Beginn des Arbeitstreffens seine Leute persönlich zurückgepfiffen. Das NRW-Ministerium begründete die Absage damit, dass man davon ausgehe, dass Faeser das Treffen zu einer PR-Aktion machen wolle. Es gehe der SPD-Politikerin offenbar gar nicht um fachlichen Austausch. Reul: „Ich wäre froh, wenn Frau Faeser auch mal handeln würde, statt immer nur dicke Sprüche zu machen.“
Grund für die scharfen Worte aus NRW dürften Faesers Äußerungen vor dem Treffen für eine „Allianz gegen Clans“ gewesen sein. „Einzelne Nadelstiche sind wichtig, reichen aber nicht aus“, sagte sie der „Bild“. Das NRW-Innenministerium verfolgt nach eigenen Angaben beim Kampf gegen Clankriminalität aber eine „Politik der tausend Nadelstiche“. Demnach werden auch kleinere Rechtsbrüche systematisch verfolgt. „Die Clans dürfen keine ruhige Minute mehr haben“, erklärte Reul einmal die Strategie. Rückendeckung bekam Reul umgehend von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU): „Die Landesregierung und insbesondere Innenminister Reul rücken die Bekämpfung von Clankriminalität seit Jahren in den Fokus.“
In den vergangenen Tagen ist es zu Zusammenstößen zwischen syrischen und libanesischen Großfamilien im Ruhrgebiet gekommen. Nach einer Massenschlägerei mit Dachlatten und Messern in Castrop-Rauxel (offenbar ausgelöst durch einen Kinderstreit zweier Elfjähriger) kam es einen Tag später zu einer Massenschlägerei in Essen. Die Staatsanwaltschaft sieht keine Hinweise auf einen Zusammenhang der Vorfälle. Reul sieht das anders. Organisierte Kriminalität aus Familienstrukturen heraus finde nicht nur in Hinterzimmern statt, sagte er im NRW-Landtag. Auch spontane Gewaltausbrüche auf offener Straße seien Teil des Phänomens. Faeser bot an, die Länder zu unterstützen. L. HUDELMAIER